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256 Sechstes Buch.


haben und mahnte ihn, von dem ausgelassenen Scherze abzustehen. [191] 191Als Starkather das sah, der neben der Thür mit seinem das Haupt beschattenden Hute sass, hatte er schon so viel Entrüstung geschöpft, dass er seine Hand nicht mehr meistern konnte, die Verhüllung abwarf und die Rechte ans Schwert legte. Da fuhr der Schmied, der sich nur auf Lüsternheit verstand, vor der ungeahnten Schreckerscheinung auf, als er sah, dass es zum Kampfe gekommen war, liess Hoffnung auf Verteidigung fahren und schaute sich nach Flucht um als einzige Rettung in der Not. Es war nun freilich nicht minder schwierig, durch die Thür zu brechen, deren Zugang der Feind beherrschte, als böse, im Hause den Todesstoss zu erwarten. Endlich durch die Not gezwungen machte er in seinem Herzen dem Zaudern ein Ende und gelangte zu der Ansicht, dass der gewissen und augenscheinlichen Gefahr gegenüber immer noch lieber ein Wagnis zu unternehmen sei, mit dem auch nur eine mässige Aussicht auf Rettung verknüpft sein könnte. Er suchte auch wirklich die Flucht, die zwar wegen der damit verbundenen Gefahr sehr bedenklich war, aber doch eine Hilfe zu gewähren und eher noch Rettung zu versprechen schien, indem er längeres Warten aufgab, weil das ein Übel ohne Rettung zu sein und nur unvermeidlichen Untergang in sich zu bergen schien. Jedoch als er auf die Schwelle sprang, da wurde er von dem, der die Thür hütete, mitten in den Arsch gehauen, strauchelte und fiel halbtot hin. Der den Streich führte, hatte sich wohl in acht genommen, dass er nicht seine edlen Hände dem Ende eines erbärmlichen Aschenpusters leihe und meinte, dass das unreine Liebesfeuer schwerer durch die Schande als durch den Tod bestraft sei. So wird ja von manchen das Unglück für eine grössere Strafe gehalten als der Tod. Die Folge war, dass das Mädchen, obschon ohne die Aufsicht und Sorge der Eltern, nunmehr ein fein gesittetes Leben führte und an sich gewissermassen selbst die Pflicht eines sorgsamen Vormundes ausübte. Und da Starkather bemerkte, als er sich die Hausgenossen ansah, dass sie das frische Unglück des Hausherrn sehr schmerzte, so

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_266.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)