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VI. Ingell, Starkather. 281


Während Du Dich freust Deine Frau zu schmücken

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Schön mit Perlenschnur und mit goldnem Zierat,

Quält uns bittrer Schmerz mit der Scham gesellet,
     Klagen wir traurig.

Während Dich die Lust in Verblendung jaget,
Ist das Herz uns schwer, und die alten Zeiten
[213] 213Lässt es uns aufstehn, und zu lauten Klagen
     Mahnet es schmerzvoll.

Wie erschien uns doch unsrer Feinde Schandthat
Anders ganz wie Dir, der Du hoch sie ehrest;

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Wer die Vorzeit sah, mag der heut’gen Zeit Bild

     Nimmer gefallen.

Nicht nach grössrem Glück soll mein Herz verlangen,
Wenn ich, Frotho! säh’ Deines Todes Schuldge
Büssen nach Gebühr, für den grossen Frevel
     Zahlen die Strafe.

Er erreichte aber durch den Sporn seiner Mahnung so viel, dass er aus dem energielosen und kalten Sinne mit seinem Tadel wie mit einem Kieselsteine das brennendste Feuer der Tapferkeit herausschlug. Zunächst freilich hatte der König für das Lied nur taube Ohren, dann aber, angefeuert durch die dringende Mahnung seines Erziehers, schöpfte er in seinem Herzen späte Glut der Rache; er vergass den Wirt und wandelte sich in den Feind. Zuletzt sprang er von seinem Sitze auf und ergoss den vollen Ausbruch seiner Wut über seine Tischgenossen, so dass er das Schwert gegen die Söhne des Swerting in blutgieriger Grausamkeit entblösste und mit gezückter Waffe nach dem Nacken derer zielte, deren Gaumen er so eben noch mit den Feinheiten seines Tisches gekitzelt hatte. Indem er diese sofort niederstreckte, begoss er den heiligen Tisch mit Blut, zerriss das schwache Band der Genossenschaft, wandelte das beschämende Gelage in löbliche Grausamkeit um und wurde aus einem Wirte ein Feind, aus dem verworfensten Sklaven der Üppigkeit der blutdürstigste Vollstrecker der Rache. Die treffliche Rede des Mahners pflanzte in der Brust der weichen und haltlosen Jugend den Geist der Beherztheit, kräftigte die aus ihrem Verstecke hervorgezogene Kühnheit und erreichte es, dass den Urhebern des argen Mordes die ihren Thaten gebührende Strafe heimgezahlt wurde. Der tüchtige

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_291.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)