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338 Siebentes Buch.


Sturze nieder; so lähmt Bestürzung die Kraft. Als Olaw das sah, fragte er sie, was sie so oft zu Falle gebracht hätte; sie sagte, sie sei durch den trotzigen Blick des Fremden zu Boden geschmettert; er sei ein Königssohn und verdiene unbedingt ihre Hand, wenn er die Absichten der Räuber zu nichte mache. Da wurde Olo – er hatte nämlich sein Haupt durch einen Hut verdeckt – von allen gebeten, die Umhüllung zu lösen und sein Gesicht sehen zu lassen. Da hiess Olo sie ihre Trauer ablegen und allen Schmerz aus dem Herzen verbannen, entblösste die Stirn und zog aller Augen in Bewunderung seiner einzig gearteten Schönheit auf sich. Denn sein Haar war blond und glänzend. Die Augensterne aber liess er durch die Lider fest bedecken, damit sie nicht die ihn Ansehenden in Schrecken versetzen sollten. Man konnte glauben, die Tischgäste jubelten plötzlich, da ihr Herz durch Hoffnung auf Besseres aufgerichtet war, die Hofleute tanzten, und die grosse Betrübnis wurde von ausgelassener Heiterkeit abgelöst. Da also die Hoffnung die Furcht aufhob, [254] 254so sah nunmehr das Mahl ganz anders aus und war dem Anfange gar nicht gleich oder auch nur ähnlich. So verjagte das gütige Versprechen eines Fremden den allgemeinen Schrecken aller. Inzwischen erschienen Hiallus und Skatus mit zehn Dienern, gleich als ob sie das Mädchen sofort abführen würden und brachten durch ihr lärmendes Geschrei allgemeine Bestürzung hervor, indem sie den König zum Kampfe aufriefen, wenn er ihnen nicht die Tochter herausgäbe. Ihrem Wüten trat sofort Olo mit der Kampferbietung entgegen, stellte aber noch die Bedingung, dass keiner verstohlen den Kämpfenden im Rücken anfalle, sondern dass der Kampf nur in Angriffen von vorn vor sich gehen sollte. Darauf streckte er allein mit dem Schwerte, das Lögthi hiess, alle zwölf zu Boden und vollbrachte damit eine That, die über die Kräfte eines Jünglings hinausging. Den Kampfplatz übrigens bot eine Insel, die mitten in einem stehenden Gewässer liegt; nicht weit von diesem findet sich ein Flecken, der eine Erinnerung an dieses Gemetzel weckt, weil er die Namen der Brüder Hiallus und Skatus vereinigt trägt.

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_348.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)