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VIII. Jarmerik. 375


Inzwischen ergriffen die Söhne der Schwester des Jarmerik, die in Deutschland geboren und erzogen waren, vertrauend auf den Namen des Grossvaters, die Waffen gegen ihren Oheim; denn ihnen gebühre, so sagten sie, das Reich eben so gut, wie ihm. Ihre Schanzen in Deutschland warf der König durch Kriegsmaschinen nieder, belagerte einige Städte, eroberte andere, einige machte er auch dem Erdboden gleich und brachte einen unblutigen Sieg nach Hause. Es begegneten ihm die Hellespontier, die ihre Schwester zur ausbedungenen Hochzeit brachten. Nachdem diese gefeiert war, ging Jarmerik auf Antrieb des Bikko nochmals nach Deutschland, nahm im Kriege die Söhne seiner Schwester gefangen und nahm ihnen ohne Erbarmen das Leben durch den Strang. Auch die Vornehmen versammelte er unter dem Vorwande eines Gastmahls um sich und liess sie auf dieselbe Weise ums Leben bringen.

Broderus, der Sohn des Königs aus einer früheren Ehe, erfüllte die ihm übertragene Sorge für die Stiefmutter mit unsträflicher Überwachung. Ihn schuldigte Bikko bei dem Vater der Blutschande an und verfolgte ihn mit dem Zeugnisse dazu angestifteter Leute, damit er ihn nicht grundlos angeschuldigt zu haben scheine. Da Broder, während die Anklage vollständig erbracht wurde, [280] 280zur Verteidigung nichts beibringen konnte, liess der Vater durch seine Räte den Spruch über ihn als überwiesen fällen; als nicht so lieblos würde es, meinte er, betrachtet werden, wenn er die zu vollstreckende Strafe anderen als Richtern überlasse, wie wenn er selbst richte. Die anderen Richter sprachen ihn der Acht schuldig, Bikko aber fällte unbedenklich einen härteren Spruch über sein Leben und erklärte: wer sündhafte Unzucht getrieben, der müsste mit dem Strange büssen. Damit man nicht sagen könne, dass diese Strafe der Grausamkeit des Vaters entspringe, müsse er an dem Stricke hangend von Dienern mit einem daruntergelegten Balken hochgehalten werden; diese würden, wenn sie die ermüdeten Hände dem Werke entzögen, gleichsam den Tod des Jünglings verschulden und durch ihr Vergehen den König frei machen von dem

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_385.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)