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410 Neuntes Buch.


Seelen aller, die er erschlüge, überlassen wollte. Er verschwieg auch seinen Namen nicht, sondern sagte, er hiesse Rostarus. Da Siward sah, dass er sich durch ein Versprechen, was wenig koste, eine grosse Wohlthat verschaffen könnte, so sagte er hastig Erfüllung der Bedingung zu. Da strich der Alte mit seiner Hand über die missfarbene eiternde Wunde, und sofort war sie verschwunden, und eine Narbe zog sich plötzlich darüber. Beim Weggehen streute er noch Staub über seine Augen. Dieser Staub liess durch plötzlich hervortretende Flecke in den Augen, die einen starren Blick erhielten, eine ungemeine Ähnlichkeit mit kleinen Würmern entstehen. Ich denke, der dies Wunder vollbrachte, wollte durch das redende Zeugnis der Augen die zukünftige harte Gesinnung des Jünglings zur Erscheinung bringen; das scharfsichtige Glied des Körpers sollte nicht ohne eine Vorempfindung des künftigen Lebens bleiben. Als die alte Frau, die ihm die Heiltränke besorgte, ihn in seinen Augen die gesprenkelte Zeichnung tragen sah, da erschrak sie über das neue, schaudererregende Aussehen des Jünglings so, dass sie plötzlich zu Boden stürzte und ohnmächtig wurde. Daher erhielt Siward weit und breit den Beinamen Schlangenauge[1].

Inzwischen raffte eine heftige Krankheit die Thora, die Gemahlin des Regner, dahin; ihr Tod schuf dem Gemahle, der mit grosser Liebe an ihr hing, unsagbaren Kummer. Ihn meinte er am besten durch Beschäftigung zu verscheuchen und beschloss Trost in der Kriegsübung zu suchen und seinen Schmerz durch Kampfarbeit zu lindern. Da er also seine Gedanken auf Krieg gerichtet hatte, um seinen Kummer zu stillen und einen Trost zu gewinnen, bestimmte er, dass ein jeder Hausvater ihm den Sohn zum Kriegsdienste stelle, den er für den Unbedeutendsten hielte oder auch einen faulen und unzuverlässigen Knecht. [305] 305Dieser Erlass schien zwar zu dem Vorhaben schlecht zu stimmen, gab aber die Lehre, dass die schwächsten Dänen immer noch besser waren, als die


  1. Saxo scheint den Grund zu dieser Benennung in der gesprenkelten Haut der Schlangen zu suchen.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_420.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)