Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 431.jpg

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IX. Regner. 421


Er übertrug also dem Iwar den Schutz des Reiches, nahm den Ubbo mit liebendem [312] 312Vaterherzen wieder zu Gnaden an, segelte nach Russland, nahm Daxon gefangen und sandte ihn in Ketten zur Haft[1] nach Utgarthia[2]. So war nicht zu bestreiten, dass Regner gegen den Mörder seines liebsten Sohnes mit grosser Selbstüberwindung die äusserste Milde hatte walten lassen; denn er wollte zur Erfüllung der gesuchten Rache nicht das Leben des Schuldigen, sondern begnügte sich mit seiner Verbannung. Infolge dieser Menschlichkeit scheuten sich die Russen, noch weiter gegen den König rücksichtslos vorzugehen, den sie selbst durch bitteres Leid nicht hatten bewegen können, die Gefangenen dem Tode zu weihen. Ja, er nahm sogar nach kurzem den Daxon wieder zu Gnaden an und liess ihn ins Vaterland zurückkommen; er musste aber versprechen, ihm jährlich mit nackten Füssen, zusammen mit zwölf ebenfalls unbeschuhten Hausvätern, demütig Zins zu bringen; er hielt es eben für richtiger, gegen einen demütigen Gefangenen mild zu verfahren, als das Beil zum Todesstreiche zu erheben, einen stolzen Nacken durch dauernden Knechtsdienst tief zu beugen, als ein für allemal zu brechen.

Als er aus Russland zurückkam, setzte er seinen Sohn Ericus mit dem Beinamen Windhut über Schweden. Hier erfuhr er, dass die Normannen und die Schotten, während Fridlew und Siward an seinem Feldzuge teil genommen, zwei andere Männer betrüglich zu Königen erhoben hatten; er


  1. Im Texte ist custodiae causa zu lesen; der Ausdruck ist aus Valerius Maximus 9, 6, 3 entnommen.
  2. Nach Storm, kritiske bidrag til vikingetidens historie (Kristiania 1878, 109) ist Saxos Ausdruck ,Regnerus Daxon apud Utgarthiam custodiae (causa) relegavit‘ die Wiedergabe für isl. ,foerði hann við útgarða‘ = ,er schickte ihn in die fernen Wohnungen‘, d. h. ,er tötete ihn‘ (s. o. 189 Al Fiallerus wich an einen Ort, der Undensakre heisst ; 251 Starkather zwang den Tanna, als Verbannter unbekannte Striche der Erde aufzusuchen). Saxo verstand diese isl. Umschreibung nicht, machte daraus einen Ort Utgarthia und verschmolz dann die isl. Überlieferung mit einer dänischen Sage, nach der Daxon dem Regner Tribut zahlen musste, in der Weise, dass Regner den Daxon begnadigt, (heimkehren) und sich von ihm Tribut zahlen lässt (Olrik II, 115–117, 290).
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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_431.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)