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424 Neuntes Buch.


fliehen, und sein Missgeschick machte ihn zum Gotteslästerer. Wie er nämlich zuerst ein glänzendes Muster der Bekehrung gewesen war, so hat er zuerst das Beispiel des Rückfalls gegeben; rühmlich hatte er dem heiligen Glauben Eingang verschafft, nun verriet er ihn schändlich[1].

Inzwischen war Hella nach Irland gegangen und bestrafte alle, welche sich in Treue an Regner angeschlossen hatten, mit Krieg und Mord. [314] 314Regner griff ihn mit einer Flotte an, büsste aber in gerechter Strafe des Allmächtigen ersichtlich für die Schändung des wahren Glaubens. Er wurde nämlich gefangen und in den Kerker geworfen; hier musste er seine schuldigen Glieder den Schlangen zum Frasse bieten, mit den Fasern seines Leibes den Vipern eine schreckliche Nahrung reichen. Als seine Leber schon angefressen war, als schon eine Schlange wie der totbringende Henker auf seinem Herzen sass, da zählte er mit mutvoller Stimme alle seine Thaten noch einmal auf und fügte zum Schlusse seiner Aufzählung noch folgende Worte an: „Wenn die Ferkel des Ebers Qual wüssten, so würden sie zweifellos in den Stall einbrechen und ihn aus seiner Not zu erlösen eilen“. Dieses Wort deutete Hella dahin, dass noch Söhne von ihm lebten und hiess deshalb die Henker aufhören und die Schlangen entfernen. Schon eilten die Schergen hinzu, um den Befehl auszuführen, da hatte Regner das Gebot des Königs mit seinem Tode überholt. Zwei Lebenslose haben ihn unter sich geteilt: das eine schenkte ihm glückliche Seefahrt, Erweiterung der Herrschaft, reichgesegnete Beutezüge; das andere verhängte über ihn Zusammenbruch des Ruhms, Tod der Genossen, das bitterste Lebensende; denn der Henker sah ihn, umringt von den giftigen Tieren, die Schlangen nähren mit dem Herzen, das sich furchtlos jeder Gefahr gegenüber gezeigt hatte. So lehrte sein Geschick, das ihn aus einem berühmten Sieger zu einem elenden Gefangenen machte: „Traue nicht allzusehr dem Glücke“!


  1. Harald wurde 827 von den Söhnen Gottfrieds verjagt; sein Rückfall in das Heidentum ist ungewiss.
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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 424. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_434.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)