Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 113.jpg

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sie bei Abwesenheit ausser dem Reiche natürlich zum Besuche der ausgeschriebenen Tage nicht verpflichtet sein konnten, deren Ausschreibung bei Erledigung des Reichs zudem ihnen zunächst zugekommen wäre.

Bei noch zahlreicher besuchten Tagen im zwölften Jahrhunderte konnte ein solcher Zustand genügen; nicht mehr im dreizehnten. Dass man es fühlte, wie die blosse Zustimmung der wenigen gerade anwesenden Fürsten, zumal das Ansehen der Krone selbst gesunken war, nicht genügende Garantieen bot, zeigt sich darin, dass man etwa seit 1208 begann, die Zustimmung der Fürsten in wichtigern Fällen durch Mitbesiegelung oder besondere Willebriefe bestimmter hervortreten zu lassen, auch wohl abwesende Fürsten in dieser Weise heranzuziehen. Wie ich bei näherer Besprechung des Gegenstandes an anderm Orte nachweisen werde, fand in der ersten Hälfte des Jahrhunderts eine Beschränkung auf bestimmte Fürsten in dieser Richtung noch nicht statt. Da aber eine Einholung der Zustimmung aller Fürsten nicht wohl statthaft sein konnte, so war, wollte man einen sichern Rechtsboden gewinnen, eine solche Beschränkuug auf die Dauer nicht zu vermeiden. Ganz einfach knüpfte sich diese an die Fürsten, deren Vorrecht bei der Wahl sich inzwischen bestimmter ausgebildet hatte; die ersten Spuren eines besondern Gewichts, welches man auf die Zustimmung der Kurfürsten legte, glaube ich im Interregnum gefunden zu haben; unter Rudolf erscheint dann die Ausstellung von Willebriefen bestimmt als kurfürstliches Vorrecht.

Ebenso musste der schwache Besuch der Wahlversammlungen, wenn er einerseits bezüglich Zahl und Personen der ersten Wähler manches lange unentschieden lassen konnte, doch andererseits auf ein stärkeres Hervortreten ihres Vorrechts hinwirken, zumal schon 1198 ein Anstoss in dieser Richtung gegeben war. Die ganz unbestrittenen Wahlen der Söhne K. Friedrichs II. legten das weniger nahe, doch lesen wir, dass der Kaiser sich schon 1237 nachträglich um die Zustimmung solcher Fürsten bemühte, welche bei der Wahl zu Wien nicht anwesend waren. Seit es nun aber zu bestrittenen Wahlen kam, Versammlungen

weniger Fürsten Könige aufstellten, musste sich natürlich die

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_113.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)