Seite:Ficker Entstehung Sachsenspiegel 132.jpg

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Herzog Friedrich von Böhmen konnte daher auch nicht, wie H. v. D. S. 81 meint, seine Königswürde bei etwaiger Versehung des niedern Amtes des Schenken hinderlich sein. Dachte hier Arnold an Böhmen, was immerhin, da dasselbe vorher und nachher einen König zum Herrscher hatte, möglich wäre, so liegt mindestens eine Ungenauigkeit vor, was doch dagegen sprechen dürfte, in dieser Stelle nach Beweisen für Einzelnheiten zu suchen. Hätte Arnold an bestimmte Fürsten gedacht, so müsste auch das Nichtnennen des Pfalzgrafen befremden. Ich denke, er hat durch jene Stelle nichts sagen wollen, als die Erzämter seien von den vornehmsten Fürsten versehen.

Die Frage, wem in früherer Zeit die Aemter zustanden, wird sehr schwer zu lösen sein, da es so überaus wenige auf die Aemter bezügliche Zeugnisse gibt; Aufzählungen aller vier Fürsten, welche sie bei einzelnen Gelegenheiten versahen, haben wir nur aus sächsischer Zeit; dann gibt uns erst der Ssp. wieder einen festen Haltpunkt. Dass die Reichsämter überhaupt nicht bestimmten Fürsten zugestanden hätten, wird nach Analogie der Aemter bei den einzelnen Fürsten kaum anzunehmen sein, da sie überall mit Benefizien verbunden und nach Massgabe des Lehnrechts oder des betreffenden Dienstrechts erblich erscheinen. Aber wenn auch die Aemter schon früh an bestimmten Fürstenthümern hafteten, so ist es doch leicht erklärlich, wenn die Verhältnisse des zwölften Jahrhunderts hier eine grosse Unsicherheit herbeiführen konnten; die Lage Schwabens, die Vereinigung Baierns und Sachsens, die feindliche Stellung einzelner Fürsten zum Könige konnten hier um so eher Schwankungen begründen, als das persönliche Versehen bei feierlichen Gelegenheiten ein langes Ruhen dieses oder jenes Amtes nicht wohl zuliess. Insbesondere dürfte nach 1180 der Zustand ein ganz unsicherer gewesen sein; und viel wichtiger, als jene Stelle Arnolds, scheint mir in dieser Beziehung eine Angabe Giselberts von Hennegau (S. 123) über denselben Hoftag vom J. 1184 zu sein, welcher das Tragen der Krone am Pfingsttage erzählt und hinzufügt: Cum autem in coronamento illo principes potentissimi gestamentum gladii imperialis de iure reclamarent, scilicet

dux Boemiae — et dux Austriae Leopoldus — et Bernardus

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_132.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)