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Ausdrucke Principes zu bezeichnen. Die Ausdrücke Barones und Magnates dagegen, welche wir in einzelnen Reichslanden gleichbedeutend mit Principes gebraucht finden, bezeichnen, wie wir sehen werden, als sich auch die Reichskanzlei seit dem zwölften Jahrhunderte ihrer bediente, eine untergeordnete Klasse von Grossen des Reichs.


IV.

28 Da wir nicht allein die Gesammtheit der Grossen des Reiches als Principes, sondern wenigstens in späterer Zeit auch den einzelnen als Princeps, und weiter als Princeps imperii bezeichnet finden, so könnte sich die Frage aufwerfen lassen, ob der Grosse desshalb Fürst genannt wurde, weil er zu den Ersten im Reiche gehörte, oder weil er der Erste in dem ihm untergeordneten Kreise war.

Die geschichtliche Entwicklung der Reichsverfassung selbst wird die Beantwortung dieser Frage kaum zweifelhaft erscheinen lassen. Lehrt uns diese, dass aus den Reichsfürsten erst allmählig Landesfürsten erwuchsen, so wird uns das durch ein Verfolgen der betreffenden Ausdrücke bestätigt.

Wir fanden allerdings, dass auch der Erste in untergeordneten Kreisen sich Princeps nannte; und es wäre immerhin möglich, dass sich daraus der Gebrauch entwickelt hätte, jeden einzelnen Reichsfürsten Princeps zu nennen; stand dieser einmal fest, so mochte man bald dann auch einen Princeps im Reiche schlechtweg als Princeps imperii bezeichnen. Wäre das der Fall gewesen, so müsste sich vor allem ergeben, dass einzelne Reichsfürsten selbst sich des Titels Princeps mit Beziehung auf den ihnen untergeordneten Kreis so häufig bedient hätten, wie es die Entwicklung eines solchen Gebrauchs bedingen würde. Sehen wir aber von dem nachgewiesenen Brauche im burgundischen und lotharingischen Westen und im slavischen Osten des Reiches ab, wo sich zudem ergab, dass derselbe gerade in der Zeit aufhörte, wo die Beziehung des Princeps auf den Reichsfürsten bestimmter hervortritt, so sind die Beispiele überaus vereinzelte. Der Markgraf von Steier sagt 1143 in Urkunde für Kloster Garsten: Advocatiam – principi Styrie retinendam decernimus; der Markgraf der Lausitz schreibt 1168: Dittericus dei gratia princeps universis ecclesiarum dei filiis salutem; 1174 heisst es: Ego Ludewicus patientie dei gracia et permissione dictus princeps et lantgravius Turingiae[1]; vielleicht liesse sich auch noch eine Stelle von 1135 hieherziehen: Diepaldus dei gratia marchio de Voheburch – exemplo antecessorum nostrorum principum.[2] Hier finden wir allerdings den Titel mit Beziehung auf ein einzelnes Reichsland, auf Steier, auf Thüringen gebraucht, wie es

  1. UB. d. L. ob d. Enns 2, 211. Menken 1, 618. Schumacher Nachr. 5, 31.
  2. Ried 1, 198.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_078.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)