Seite:Franz Kampers - Kaiser Friedrich II - Der Wegbereiter der Renaissance - Seite 22.jpg

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schon der siebenjährige Knabe, als er den Häschern des Markward von Anweiler in die Hände fiel. Damals schlug das Kind in jäh aufbrausender Wut den Krieger, der es wagte seinen königlichen Leib zu berühren. Darob schreibt der Beobachter: „Ein gutes Vorspiel für den künftigen Herrscher, der es nicht vermag, den Adel königlicher Gesinnung zu verleugnen.“ Auch den scharfen Augen des Papstes, Friedrichs Vormunds, war nicht entgangen, was in diesem Knaben mit den Feueraugen steckte. In seiner „Erwägung der Reichsfrage“, welche die staufischen Ansprüche und besonders die seines Mündels schroff zurückweist, liest man an einer Stelle die Worte: „Wenn dieser Knabe zu den Jahren der Einsicht gelangt und dereinst erkennt, er sei durch die römische Kirche der Ehren des Reiches beraubt, dann wird er ihr nicht nur die geziemende Ehrfurcht versagen, sondern sie sogar auf alle nur mögliche Weise bekämpfen, wird Siziliens Königtum von seinem päpstlichen Lehnsbande reißen und ihr den gewohnten Gehorsam versagen!“ Wachsam behielt Innocenz das königliche Kind im Auge. Gelegentlich berichtet er von ihm, „daß es beschwingteren Schrittes die Schwelle der Reife überschreite, und daß es von Tag zu Tag wie an Alter, so an Weisheit und Tüchtigkeit zunehme.“

Wer Friedrichs Lehrer war, wissen wir nicht. Diese so erdnahe Natur, diesen freien und unbändigen Geist, diesen Mann der fessellosen Forschung und des umfassenden Wissens hat abseits der mönchischen Schule des weltflüchtigen Zwanges das unruhige, gärende Leben der Mischkultur rings um ihn herum gebildet. Gern schweifte er, gierig nach Erkenntnissen, durch Palermos Gassen. Im bunten Völkergemisch bewegte er sich, lernte die Religionen, die Sitten, die Sprachen des arabischen Orients kennen, lernte diese kritisch vergleichen mit denen der Byzantiner, der Italiener, der Normannen, der Deutschen, der Juden. Und da wuchs vor seinem geistigen Auge die Kultur der Söhne des Propheten mit ihrer von allen Bindungen sich lösenden Philosophie und Naturforschung ins Riesengroße, und damit zugleich steigerte sich sein faustisches Begehren nach neuen Erkenntnissen.

Der künftige Herrscher erwarb sich so seine Hellsicht und zugleich eine Lebensweisheit, die eine andere Voraussetzung und eine andere Richtung hatte, wie die seiner Vorgänger. Dieses geistige Nehmen ohne Rast – die Zeitgenossen bewunderten ihn, der „nimmer in Ruhe, den Tag in beständiger Tätigkeit verbringe“ – hinderte ihn nicht, seinen Körper zu stählen, sich im ritterlichen Waffenspiele zu üben, auf wildem Roß sich zu tummeln, so daß man von ihm sagte: „So sehr hat der König durch Wissen und Kraft die Zeitstufe seines Alters ausgefüllt, daß man an ihm nur finden kann, was einen vollkommenen Mann ziert.“

Als er das vierzehnte Lebensjahr vollendet hatte, wurde König Friedrich mündig. Damals verheiratete ihn der Papst mit der viel älteren Konstanze von Aragon. Kaum selbständig geworden sucht Friedrich die Nord- und Ostküste seiner Insel ganz unter seine Hoheit zu zwingen. Schon will er auch nach dem zu seinem sizilischen Königreiche gehörenden italienischen Festland hinüber, da geht ein dräuendes Unwetter über sein junges Herrschertum. Der welfische römisch-deutsche Kaiser Otto IV. nimmt die universale Politik Heinrichs VI. wieder auf und dringt in Sizilien ein. Die italienische Machtstellung des Papstes war damit bedroht. Innocenz organisierte sofort den Widerstand. Frankreich, das eine Stärkung des britischen Übergewichtes durch den dem Inselreiche nahestehenden Welfen befürchten mußte, war sofort auf des Papstes Seite. Fürsten des südlichen und mittleren Deutschlands ließen sich dafür gewinnen, den jungen Friedrich II. als Gegenkönig aufzustellen. Seiner Macht gewiß schob der herrschgewaltigste aller Päpste seine ihm unliebe Schachfigur, die einzige, welche den Welfen damals matt setzen konnte, vor, – nicht ohne das drückende Gefühl, durch diese Begünstigung des Staufers nicht mehr ganz Herr des Spieles zu