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konigs" bezeichnet sind[1]. Dass die Kurfürsten bei Aufstellung der Wahlbedingungen vorzugsweise ihr eigenes Interesse berücksichtigt hätten oder auch nur von diesem ausgegangen wären und erst allmählich auch die Wahrung des allgemeinen Besten zum Ziel genommen hätten[2], lässt sich nicht behaupten. Volksthümliche Forderungen gehen mit staatsmännischen, Forderungen von vorübergehender Bedeutung mit solchen von dauerndem Werthe, allgemeine mit speciellen Hand in Hand. Eine systematische Anordnung und Unterscheidung ist nicht gemacht, auch nicht zu erwarten. Staatsrechtlich beachtenswerth ist es, dass einem der kurfürstlichen Räthe bei Aufstellung der Wahlbedingungen das Bedenken kommt, dass „der unter dem obern kein setze (Vorschriften) zu machen habe“[3]. Er beruhigt sich jedoch damit, dass die WC. dem Kaiser nichts Neues auferlege, sondern nur wiederhole, was auf „die gulden bullen, gemein recht und andere erbarkeit gestellt (ist), der ein Romisch konig sich unpillich thett weigern“. Erbarkeit ist ein beliebtes Wort der Zeit, aber mehrdeutig; hier wohl nicht anders zu verstehen als von guter Gewohnheit, ehrbarem Herkommen.

Die WC. giebt also bestehendes Recht, gesetzliches und gewohnheitsmässiges, wieder. Seine Aufrechthaltung machen verschiedene ihrer Artikel dem Kaiser zur Pflicht[4], zugleich aber auch die Besserung des bestehenden Rechts, die jedoch nicht anders bewirkt werden darf als „mit Rath der Kurfürsten Fürsten und anderer Stände“[5].

Wie die erste, so wurden alle folgenden WC. allein von den Kurfürsten festgestellt. So lange sie der Aufgabe der WC. getreu sich auf Ausführung des geltenden Rechts beschränkten, es in Schutz nahmen gegen missbräuchliche Vernachlässigung oder gegen schädliche Neuerung, war ihr Verfahren gerechtfertigt. Die WC. durfte weder in die Gesetzgebung des Reichs noch in die Thätigkeit der Gerichte eingreifen. Es ist bekannt, dass die Fürsten seit dem 17. Jahrhundert die Kurfürsten beschuldigten, mittels der


  1. RTA. I n. 333 § 4.
  2. Waltz a. a. 0. S. 219.
  3. RTA. I n. 383 S. 769 Anm. 2
  4. WC. Karls V. art. 3 u. 33.
  5. Das. Art. 3.
Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Frensdorff: Das Reich und die Hansestädte. Weimar: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Bd. 20 = 33 , 1899, Seite 124. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Frensdorff_Das_Reich_und_die_Hansest%C3%A4dte_124.png&oldid=- (Version vom 17.8.2016)