Seite:Frensdorff Das Reich und die Hansestädte 155.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Graf Colloredo eine Abfindung bei seinem Rücktritt aus politischen Gründen[1]. „Vor ungefähr 14 Tagen“ — erzählt Münchhausen[2] — „hat mir der ReichsViceCanzler Graf Königsfeld umständlich zu vernehmen gegeben, wasmassen die dem Graffen Colloredo zu bezahlen schuldige Abfindungsgelder ihn sehr incommodirten, und er fast keinen Rath darzu zu finden wisse. Da ich nun wohl gemercket, wohin dieser Antrag abziele, so ist mir ein Mittel beygefallen, wodurch ich den Graffen, ohne dass es Sr. Kgl. Maj. etwas kostet, sehr verbinden und zu desto mehrerer Devotion vor Höchstdieselbe engagiren könne. Ich habe nehmlich bedacht, dass die Stadt Hamburg bey ihren jezigen Umständen und ihr bevorstehenden Bedruck die Freundschaft des ReichsViceCanzlers mehr als jemahls nöthig habe und dass Sr. K. M. selbst daran gelegen sey, solche vor sie auszuwürcken.“ Den Dank Hamburgs und des Reichsvicekanzlers zu verdienen, ohne seinerseits etwas zu wagen oder zu opfern, war allerdings ein Mittel im Stil der Politik Georgs II. Münchhausen benutzte seine Verbindung mit dem Syndicus Surland, um der Stadt Hamburg ein ansehnliches Geldgeschenk an den neuen Reichsvicekanzler anzurathen. Im Senate war man nicht ohne Bedenken, da alle Reichsvicekanzler ein gleiches prätendiren dürften und man doch über Gesinnungen und Absichten des neuen und die von ihm zu hoffenden Dienste ganz ungewiss war. Auch die Oberalten baten um eine ausführlichere Darlegung der Bewegungsgründe zu solchem Schritte. Der wichtigste, der sich anführen liess, war die Nothwendigkeit, sich unter den gefährlichen Conjuncturen Freunde zu machen. Solche hoffte man an den beiden grossen Ministern zu gewinnen. Der Reichsvicekanzler war im Stande der Stadt sehr wehe zu thun und die in Aussicht genommene Summe mehr als einmal zu erpressen. Es erscheint daher als eine wahre menage für die Stadt, das Geld zu rechter Zeit anzuwenden. Der andere Minister, Herr von Münchhausen, hatte sich erst kürzlich bei der Wahlcapitulation als ein ganz desinteressirter und gar besonderer Gönner


  1. Kretschmayr S. 457 u. 459.
  2. Münchhausens Diarien s. 15. Febr. 1742 (Staatsarchiv Hannover, Geh. Raths Exemplar Bl. 589a; fehlt in dem Göttinger Exemplar).
Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Frensdorff: Das Reich und die Hansestädte. Weimar: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Bd. 20 = 33 , 1899, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Frensdorff_Das_Reich_und_die_Hansest%C3%A4dte_155.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)