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Bünau ganz besonders die Angelegenheit der Gesandtschaftskapelle[1]. Der kirchenpolitische Hintergrund der Sache wirkte besonders erbitternd. In einer exclusiv lutherischen Stadt wie Hamburg fürchtete man, die katholische Kapelle im Gesandtschaftshotel könnte der Ausgangspunkt für die Ausübung des katholischen Gottesdienstes in der Stadt werden, wie es denn schon an einzelnen Missbräuchen des Rechts nicht gefehlt hatte. Die Stadt hatte deshalb die Kapelle sofort nach dem Tode K. Karls VI. schliessen lassen. Eine Wiedereröffnung erschien ihr um so weniger nothwendig, da Graf Bünau der augsburgischen Confession angehörte. Aber der kaiserliche Hof trat dem mit der Behauptung entgegen, das Kapellenrecht richte sich nach der Religion des Principals, nicht nach der des Gesandten. Völkerrechtlich war dies Argument sehr anfechtbar, aber die Stadt musste sich den Hinweis auf den Grafen v. Seckendorf, den Vorgänger Bünaus, gefallen lassen, der gleichfalls evangelisch-lutherisch war, ohne dass unter ihm der Gottesdienst nach seiner Religion regulirt wäre. Graf Bünau stellte deshalb der Stadt als Folge ihres Widerstandes in Aussicht, der Kaiser werde ihn zurückrufen und sich hüten, je wieder einen Protestanten als Gesandten nach Hamburg zu schicken. Ein Rescript des Kaisers, voll der heftigsten Vorwürfe, gab der Stadt auf, bei Vermeidung seiner Ungnade dem Grafen Bünau das Gesandtschaftshaus einzuräumen[2]. Die Aufnahme, die eine an Hamburg wie an andere Reichsstädte gerichtete Aufforderung des Kaisers, ihm „mit einem freiwilligen Geldbeitrage unter die Arme zu greifen“, unter diesen Umständen fand, ist leicht zu ermessen[3]. Die Erbgesessene Bürgerschaft lehnte das donum gratuitum als eine ganz ungewöhnliche und höchst präjudicirliche Abgabe ab und verwarf auch den gemilderten Antrag des Senats, dem Kaiser eine Geldbewilligung in der Form einer Anticipation der Römermonate


  1. Brief des Hofraths König in Dresden an Syndicus Lipstorp in Hamburg v. 13. Mai 1742 (StA. Hamburg). Der Briefschreiber ist der Hofpoet Joh. Ulrich von König (Gödeke, Grundriss III 346), der auf Grund einer ausführlichen Unterredung mit Graf Bünau berichtet.
  2. Rescript v. 1. Juni 1742 (StA. Hamburg).
  3. Kaiserliches Schreiben v. 11. Juni 1742 (das.).
Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Frensdorff: Das Reich und die Hansestädte. Weimar: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, Bd. 20 = 33 , 1899, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Frensdorff_Das_Reich_und_die_Hansest%C3%A4dte_158.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)