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auch schmeichelte ich mir, er würde eine neue Resoluzion veranlassen, wodurch ich neue Gelegenheit zu reden und zu handlen erlangen würde. Doch ich hörte und merkte weiter nichts, als dass der Kommandantschaft aufgetragen ward, ein wachsames Aug auf mich zu halten.

Mitlerweile ereignete sich der Fal, dass ich dem jungen Baron Leiden schrieb, worin ich ihm den rechtschaffenen und geschikten Kapfinger zur weitern Empfelung an seinen Schwiegervater, wegen der erledigten Verwaltersstelle zu Armenstorf, empfal. Nebenher gebrauchte ich in diesem Briefe folgende Ausdrükke: »Während Ihrer Abwesenheit (er war in die Schweiz gereist) haben sich Vorfälle und Auftritte ereignet, worüber Sie Sich wundern werden; herliche Geschichten, ich hätte sie nie vor möglich gehalten. Bei allem dem steht noch immer die Überzeugung in mir fest, dass alles, was geschieht, zum besten Zwek seie, und dass das Vergangene den bittern Verfolgern der Tugend und Aufklärung noch grosse Wehen bereite.«

Der Brief kam an dem Hochzeittage des Baron Leiden in Eblkofen (des Vicedoms Baron Daxbergs Schloss) unter Tischzeit an. Das Schicksal wolte, dass Baron Leiden unter Wegs krank wurde, und nicht am bestimmten Hochzeittage im Schlosse eintraf; der Brief wurde also Baron Daxberg übergeben. Diesem gefiel es, ihn zu öffnen, und an die Inquisitoren nach München zu schikken. Diese Schurkerei und Schlechtigkeit des Daxbergs verdient wirklich meine und aller Welt Verachtung und Mitleid. — Und dennoch dank ich ihm noch dafür und kan keinen Grol gegen ihn hegen — denn er hat mich durch diese Handlung in den Stand gesezt, meine Philosophie, die bis nun blos spekulativisch war, in Ausübung zu bringen. — Überhaupt, (weil es eben apropos ist, wil ich Ihnen, mein Freund! ein Geständnis machen) überhaupt, sage ich, befinde ich mich seit einiger Zeit in einem Zustande des Geistes, der sonderbar scheinen könnte. Mit dem innigsten Gefül für Gute und Schöne kan ich jeden unangenemen Vorfal, der mir in Weg kömt, mit grösster Gleichgültigkeit ertragen. Nichts kan mich mer ärgern — alles ist mir recht. Bin ich den diese glückliche Apathie der O. Lehre schuldig — — — — — ich glaube es.

Bald nach diesem Vorfalle mit dem Briefe an Leiden erhielt der Kommandant zu Burghausen den K. Befel, sich gleich nach Empfang derselben meines Quartiers und meiner Papierö mit möglichster Vorsicht zu bemeistern, welches auch geschah.

Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_308.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)