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und die Strafe des Todes traf nach Kreitmayers Kriminalkodex auch den Gotteslästerer. Aber in den mir bekannten Fällen, wo auf Grund einer, wenn auch noch so parteiischen Untersuchung davon allenfalls hätte Gebrauch gemacht werden können, wurde auf eine geringere Strafe erkannt.

Gleich den heimlichen Illuminaten- und Freimaurer-Versammlungen waren Lesevereine, Freundschaftskränzchen, enge geschlossene Kaffee- und Bier-Gesellschaften der Gegenstand der Spionage und Verfolgung. Als ein niederbayrischer Leseverein, dem nichts übles vorzuwerfen war, geschlossen wurde, verwies man die geistlichen Mitglieder auf das Brevier und die Seelsorge, die weltlichen Beamten aber auf das Studium der Akten, woran sie sich genügen lassen möchten. —

Lief nun eine Denunziation im fürstlichen Kabinett ein — und wie hätte es, da man die Niederträchtigkeit belohnte, an Denunzianten fehlen können — so ward ein taugliches Werkzeug als Spezialkommissär an Ort und Stelle gesandt, der Beschuldigte in der Regel nächtlicherweile gefänglich eingezogen, wurden Briefe und Bücher konfisziert, taugliche Zeugen aufgetrieben und dann die Akten nebst Vorschlag einer geeigneten Strafe ad intimum eingesandt, worauf im Namen Serenissimi das Urteil gefällt wurde. In den selteneren Fällen wurde die Untersuchung den ordentlichen Gerichten überlassen, und es ist auch geschehen, dass ein von dem Militärgericht gefällter Spruch von dem Kurfürsten d. h. von seinem Kabinett, noch verschärft wurde.

Der geheime Rat Lippert führte regelmässig die Korrespondenz mit den von ihm instruierten Spezialkommissären. — In einzelnen Fällen traten mündliche Befehle an Stelle der schriftlichen. Ja es konnte geschehen, dass Lippert, wenn es einen guten Fang galt, sich selbst eine Vollmacht ausstellte, um den Verdächtigen desto sicherer zu erwischen. So geschah es in einem Fall, wo es sich um einen jungen Geistlichen in der Nähe Münchens handelte, welcher nicht allein durch freimütige Äusserungen über kirchliches Unwesen, sondern mehr noch durch den Eifer sich verdächtig gemacht hatte, den er als Lokalschulinspektor für die Volksschule an den Tag legte.

Der Fall, dass lebhaft betätigtes Interesse für die Schule als ein Anzeichen verdächtiger Gesinnung galt, steht nicht vereinzelt da.

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_377.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)