Seite:Geschichte des Marktfleckens Grönenbach S034.jpg

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Liedlen singen, tanzen und springen, selbige auch bei Nacht ins Stifft versperren, bis es ihme gefällt, sie anheimbs zu lassen. Seyne geweste treue Magdt hat er, Dechant, dem Fuggerischen Gärtner zugetyrmet und selbige vom Stifft außgefertiget und als seine leibliche Schwester, so er mit ihrem Töchterlein bey sich im Stifft gehabt, nur etwas darwider vorm Gesindt geredt, dieselbe alsbaldt mit Pistolen aus dem Stifft verjagt und unlängsten des Gärtners Weib in sein des Gärtners Abwesen von Memmingen heraus hinter ihme uffm Pferdt geführt und sie selbige Nacht bis um 11 Uhr im Stifft behalten.“ (Neub. Kreisarchiv, Bd. 391.)

Eine weitere, ebenfalls nicht unparteiische Quelle de anno 1698, „fernere Information facti yber die Nullität und nulliter beschehene Fundation des Stiffts zue Grönenbach behaupten die Kempter Räthe, die Chorherren im Stifft Grönenbach seien sacerdotes lusidi, otiosi, invicem rixosi, nulli spirituali aedificationi intenti.[1] Dechant Gg. Kohler im Stift Grönenbach wird von den Kempter Räten als ein streitsüchtiger, unruhiger, schifriger, lunatischer Kopf bezeichnet. Doch, wie schon bemerkt, sind die zwei letzten Zeugnisse, weil von der Gegenpartei, nicht ganz einwandfrei; es ist von den vielen Akten sonst nichts Anstößiges über das Leben der Säkularpriester im Chorherrenstift Grönenbachs aufgestoßen.

Als weiterer Grund, der den Religionswechsel damals probabel erscheinen ließ, mag angeführt werden die scheinbar leichtere Lebenshaltung und leichtere, freiere Lebensführung in der neuen, von ihrem weltlichen Herrn ihnen angeratenen, ja anbefohlenen Religion; entband doch das neue helvetische Bekenntnis seine Anhänger von so manchen althergebrachten kirchlichen Gebräuchen, Vorschriften, Einrichtungen und Sakramenten, die dem natürlichen Menschen gar manchmal unangenehm und beschwerlich fallen mögen. Fiel doch weg die hl. Beicht, das Bußsakrament mit Sündenbekenntnis, das Fasten, die Heiligenverehrung, die Haltung der Feiertage, der regelmäßig gebotene Kirchenbesuch etc. Und wenn dieser Grund nicht zog, so hat wohl auch hier die Widerwilligen Druck, Gewalt und Drohung mit Verbannung und Einziehung der hingeliehenen leibfälligen Güter zum Wechsel im Glauben gebracht.

Daß bei Einführung der Reformation in hiesiger Gegend dies letztere wohl mitgespielt hat, dürfte wohl daraus geschlossen werden, daß schon in den letzten Lebensjahren Philipps von Pappenheim und nach seinem Tode, † 1619, als die Erben desselben, ebenfalls Pappenheimer,


  1. Die Chorherren seien „dem Spiele ergebene, müßige, unter sich streitsüchtige, keiner geistigen Auferbauung bestrebte Priester“.