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utilitatem deponentes zu verwerffen; des weiteren seien diese 17 rotenst. Zeugen, so gleich in ihrer Aussage, von wortt zu wortt sagend, nit mehr noch weniger aufsagend, woraus sonderlich zu vermuethen, daß ihnen, was sie sagen sollen, ins Maul gegeben worden seye. Katholischerseits habe man fast lautter frembder Herrschafft Underthanen fürgestellt als Zeugen.“

Aus dem Briefe des gräfl. Fuggerschen Verwalters Zeis an gnädige Frau Gräfin Witwe d. d. 7. Juni 1649 ersehen wir, wie die Reformierten am 6. Juni 1649 zum erstenmal ihr exercitium publice wieder ausübten auf Grund der Lindauer Signatur. Er schreibt nämlich: „Gestern haben die Calviner den 1ten Eingang gemacht mit Ihrer Religion in der verbrännten Spitalkirchen nur in dem blossen Mauerstock unter dem freyen Himmel und dies mit solchem Jubel- und Freudengesang, darvon nit zu sagen; sogar die kleinen Kinder zu 2, 3 und 4 Jahren haben solchem Acte beywohnen müssen. Aber wie sie schon wiederumb die Spitalkirchen erpauen, so mues sie doch erbaut werden, wie sie anno 1624 geweßt den alle Sonntäg und Feiertäg vor diesem hat die Stifftspriesterschafft darinnen den Gottesdienst verrichtet.“ Das mag wohl auch der Hauptgrund gewesen sein, die Furcht, daß die von ihnen neuerbaute Spitalkirche dem Simultangebrauche geöffnet würde, daß die hiesigen Reformierten von der Erbauung der Spitalkirche abstanden und ein neues sog. Predigthaus mit Prädikantenwohnung an einer ganz neuen Stelle – jetziges Gartenlokal zum „schwarzen Adler“ – errichteten, was wieder als „novum opus“ große Dissidien heraufbeschwor.

Aber nicht bloß Jubel und große Freude über Zulassung des exercitium calvinisticum erregte dieser Lindauer Erlaß bei den Reformierten, sondern es wurde dadurch auch das alte Gelüste und Begehren nach des Stifts Einkommen – Zehenden und Gilten –, die sie zur Hälfte für sich und ihre Herrschaft beanspruchen und festlegen wollten, wieder wachgeweckt. In dem angezogenen Briefe des Verwalters Zeis vom 7. Juni 1649 heißt es nämlich: „Nun will der alte Erzcalviner Weidlin solchen Lindauer Beschaid, daß nämlich die H. Grafen Fugger und die v. Pappenheim das jus patronatus, die Lehenschafft, Kastenvogtey und Stifftsadministration beede Herrschafften je zum halben Theil haben sollten, wie es am 1. I. 24 gewesen, dahin extendiren, seiner gdg. Herrschafft gehöre das halbe Stiffts- und Heiligen-Einkommen in allen Fällen, an Renten, Zinsgülten, Zehendten u. dergl. und laßt sich schon allbereits verlauten, bis künfftige Erntezeit werde Er den halben Zehendt vom Feld hinwegnehmen; die H. Grafen Fugger