Seite:Geschichte des Marktfleckens Grönenbach S110.jpg

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Weißenhorn als Beistands führen und verwalten solle, also hette Sye (Gräfin Witwe) für eine Notturft erachtet, uff heunt den 5. Marty 1650 von Ihnen, den gesambten Underthanen, die Erbhuldigung aufzunemmen, welches zwar ehender ins Werk gesetzt worden wär, da nicht die fürpassirte Kriegsungelegenheit neben anderen Impedimenten solches bis dato verhindert hetten, alleweilen auch mehr wohlernannte Frau Wittib ehrhaffter Ursachen halber diesem Actu Persönlich beizuwohnen nit abkommen können, also hette Sye Ihme, H. Grafen Bonaventura Fugger, Gewalt und Vollmacht uffgetragen, angeregte Erbhuldigung in Ihrer baider Namen aufzunemmen und derselben beizuwohnen.“ Nun folgte die Eidformel, die Bonaventura Fugger entgegennahm und den ganzen Fürgang eigenhändig unterzeichnete. Der Eid wurde abgelegt von den Mannspersonen, indem sie zwei Schwörfinger aufhoben; von den Frauenspersonen, indem sie die rechte Hand auf die linke Brust legen mußten und alle dabei sprachen: „Was mir vorgehalten worden und ich recht und wohl verstanden, darauf auch angelobt habe, dem will ich also fleißig nachkommen, so wahr mir Gott helffe und sein heylig Evangelium.“ (Neub. Kreisarchiv.)

Also vermöge eines Rechtsirrtums seitens des Alexander Erbmarschalken von Pappenheim und seiner Erbtochter Anna von Pappenheim, erster Gemahlin des Grafen Ott Heinrich Fugger, und vermöge des gleichen Irrtums auch von seite Ott Heinrich Fugger und seiner Deszendenten Bonavontura, Sebastian und Paulus Fugger einerseits und vermöge anfänglicher Ignoranz, Indulzenz, Nachlässigkeit und Nichtgeltendmachung seiner Ansprüche seitens des Fürstabtes zu Kempten auf dieses „feudum apertum“ als heimgefallenes Lehenstück, andrerseits kamen die Fugger in den Posseß der Herrschaft Grönenbach mit seinen Appertinenzien und verblieben darin wohl bona, ja optima fide, im guten, ja besten Glauben auf ihr vermeintliches Eigentum.

Als mit Maximilian von Pappenheim, Graf von Stühlingen, 1639 der Mannesstamm der Pappenheimer Linie im Allgäu erlosch und somit auch der andere Teil des Rotensteinischen Lehens apert wurde, wurde in Kempten von der Hofkammer allmählich dieser Frage näher getreten (Heimholung und Annektierung dieser feuda aperta) und wurde nun 1685 ein Prozeß angefangen, der laut einer juridischen, langatmigen Entscheidung auf Grund des Rechtsspruches „der Insprugger Rechtsgelehrten, Datum Insprugg 2. May 1690 ex Stubâ Academicâ“, zugunsten des Fürstabtes zu Kempten entschieden wurde, jedoch so, daß der Fürstabt für die zu den feuda hinzugekauften und neu erworbenen Appertinenzien eine Entschädigung