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,Dem Freudchen sein Bräutigam kommt auf einem Fisch geritten‘. Da ich jetzt wohl kann auf einem guten Pferde reiten, bitt ich euch, darüber nicht ungeduldig zu sein.« Darauf ist dieser Zorn in eitel Gelächter und Freundschaft abgelaufen und die Hochzeit ist in Lust und Freude beendet worden.

Nach meiner Hochzeit ist mein Vater und meine Mutter wieder heimgezogen und ich habe, ein Kind von noch nicht vierzehn Jahren alt, ohne Vater und Mutter in fremdem Land bei fremden Leuten sein müssen. Aber es ist mir alles nicht schwer angekommen, da ich sogar große Seelenfreude von meinem frommen Schwiegervater und Schwiegermutter gehabt habe. Sie sind gar so fromme, brave Leute gewesen, die mich so gut gehalten haben, mehr als ich es wohl wert gewesen bin. Was kann oder soll ich viel schreiben von der Frömmigkeit und Gerechtigkeit meines Schwiegervaters und meiner Schwiegermutter, und was er für ein wackerer Mann – er ruhe in Frieden – gewesen ist, wie ein Engel Gottes.

Es ist allbekannt, was Hameln gegen Hamburg gewesen ist. Ich bin ein junges Kind gewesen, das in allem Wohlbehagen auferzogen war, von meinen Eltern sowohl, als von Freunden und Bekannten. Von einem Ort wie Hamburg dann nach einem Platz, wo nur zwei jüdische Familien gewohnt haben! Und Hameln an sich selbst ist ein lumpiger, unlustiger Ort. Aber das alles habe ich nicht geachtet. Welches Behagen habe ich bei meinem Schwiegervater gehabt, wenn er morgens Glock drei aufgestanden ist und in seinem Schulrock gesessen ist und gebrummt hat. Das ist dicht an meiner Schlafkammer gewesen. Da habe ich ganz Hamburg vergessen. Was ist das für ein heiliger Mann gewesen! Möchten wir alle sein Andenken genießen und möchte er sich vor Gott bemühen, daß er uns weiter keinen Gram zuschickt und daß wir nicht Sünde und Schande erleben.

Das ist auch an seinen frommen, ehrenwerten Kindern zu sehen gewesen, die er – er ruhe in Frieden – gehabt hat. Sein ältester Sohn ist ein ehrbarer Jüngling gewesen;

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)