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Nun, meine lieben Kinder, seht, wenn der getreue Gott einem helfen will, wie er aus wenig viel machen kann. Aus einem kleinen Kapital, das fast nichts gewesen, ist Reb Juda zu so großem Reichtum gekommen und ist ein so großer Mann geworden.

Also ist Reb Juda einige Zeit in Danzig gewesen und hat gute Geschäfte gemacht, und zwar hat er als Unzenperlen gekauft. Aber er ist den Geschäften nicht sehr nachgelaufen, zudem in Hamburg der Kredit noch nicht so groß war wie jetzt. Wir sind noch junge Leute gewesen, die noch keinen großen Reichtum gehabt haben. Dennoch haben wir ihn mit Kreditbriefen versehen und ihm oftmals Wechselbriefe geschickt, damit er keinen Mangel an Geld gehabt hat.

Also ist er ungefähr zwei Jahre drin gewesen und ist dann wieder herausgekommen. Mein Mann – das Andenken des Gerechten zum Segen – hat dann mit ihm abgerechnet und ihm acht- oder neunhundert Reichstaler Gewinn auf seinen Anteil gegeben. Damit ist er nach Hannover gezogen, hat sich dort herum aufgehalten und wollte sich verheiraten. Inzwischen bin ich mit meiner Tochter Mate ins Kindbett gekommen. Es ist gar ein schönes Kind gewesen, wie weiter folgen wird.

In derselbigen Zeit hat man von Sabbathai Zewi zu reden angefangen. Aber »weh uns, wir haben gesündigt«, und daß wir es nicht erlebt haben – und wie wir gehört haben – und was wir uns fast eingebildet haben – und wenn ich gedenk, wie von Jungen und Alten Buße getan worden ist – das ist nicht zu erschreiben.

Wie es bewußt und bekannt worden ist durch die ganze Welt – o, Herr der Welt – in der Zeit, da wir gehofft haben, daß du barmherziger Gott dich wirst über dein Volk Israel erbarmen und uns erlösen.

Wir haben gehofft wie eine Frau, die da sitzt auf dem Gewinnstuhl[1] und mit großen Schmerzen ihren Wehtag verbringt und meint, nach all ihrem Schmerz und Wehtag


  1. Gebärstuhl.
Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_074.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)