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sollte Seine Hoheit unser Herzog – Gott erhöhe seine Majestät – gewahr werden, daß man in seiner Residenzstadt solche Dinge, Gott behüte, sollte geschehen lassen, was für ein Elend sollte das geben. Und die Alte hat mir ins Gesicht gesagt, sie wolle ihren Hals drum geben, daß das Kind etwas Böses an sich hat. Was haben wir tun sollen? Ich habe gebeten: »Um der Barmherzigkeit willen, laßt mich bei dem Kind bleiben. Wo mein Kind bleibt, will ich auch bleiben. Laßt mich nur hinaus zu ihm.« Das haben sie auch nicht leiden wollen. Kurz, bald haben sich mein Schwager Reb Abraham, mein Schwager Reb Lipmann und mein Schwager Reb Loeb mit ihren Frauen ins Konsilium zusammengesetzt, was zu tun ist, wo man die Magd mit dem Kind hintut und daß alles im geheimen bleibt vor der hohen Behörde. Denn es stände uns, Gott behüte, große Gefahr darauf, wenn, Gott behüte, der Herzog etwas gewahr werden sollte.

Also ist es dabei geblieben, man sollte dem Kind und der Magd alte, zerrissene Kleider antun und sie sollten auf ein Dorf gehen, das nicht weiter als die am Sabbath erlaubte Distanz von Hannover weit ist. Dasselbige Dorf hat Peinholz geheißen. Sie sollen sich in ein Bauernhaus begeben und sollen sagen, daß die Juden von Hannover sie am Feiertag nicht in Hannover beherbergen wollten, weil sie schon so viele arme Leute hätten, deshalb hätten sie sie nicht eingelassen. Deshalb wollten sie die Feiertage im Dorf halten, bei ihnen bleiben und ihnen für ihre Mühe zahlen. Auch wissen wir gewiß, daß sie uns werden von Hannover Essen und Trinken schicken, denn sie werden uns über die Feiertage nicht ungegessen Hunger leiden lassen.

In Hannover ist ein alter Mann, ein Polak, gewesen, ein Bettler, den haben sie gedungen und auch die betreffende alte Polakin; diese beiden sollten einige Tage bei ihnen bleiben, bis man sieht, wie es abläuft. Die beiden haben aber nicht von der Stelle gehen wollen, wenn man ihnen nicht dreißig Reichstaler Geld gibt dafür, daß sie sich in Gefahr begeben. Also hat sich mein Schwager Reb

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_081.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)