Seite:Glueckel 108.jpg

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aus ist. Und als mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – von Hildesheim hierher gekommen ist, ist ein Franzose hier gewesen, welcher allerhand Waren gehabt hat. Also hat mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – mit ihm getauscht und ein gutes Geschäft mit ihm gemacht. Aber wie es Sitte bei den Juden ist, wenn man hundert Reichstaler verdient, machen die anderen tausend daraus. Also ist ein Lärm gewesen, daß mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – viele Tausende verdient hat, und das ist bald nach der Auflösung der Gemeinschaft gewesen und solches ist gewiß Reb Juda zu Ohren gekommen.

Also hat er sich vielleicht eingebildet oder gemacht, als wenn er sich einbildet, daß mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – solche Geschäfte gewußt hätte, so lange er noch mit Reb Juda in Gemeinschaft war. Und besonders, weil man gesagt hat, daß an dem Geschäft tausende verdient worden sind.

Ob das Reb Juda so faulherzig gemacht hat, oder ob er Reue gehabt und darum mit meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – abgeschnitten hat oder ob er nicht gern so ein Stück Geld aus Händen geben wollte, das mag Gott wissen, was die Ursache ist. Denn wir haben an dem Mann sonst nichts Ungebührliches oder Unrechtes gespürt, als daß er uns in den Stücken sehr verfolgt und nicht gern aus Händen gegeben hat, was er gehabt hat. »Der Mensch sieht ins Auge, Gott sieht ins Herz.« Er hat sich vielleicht eingebildet, daß er recht hat, und ist darin verharrt. »Ein Mensch kann seine eigene Schuld nicht einsehen.« Uns ist solches noch viel schwerer und saurer angekommen, denn wir haben unsere Wahrheit gewußt, daß wir mit dem Mann so wahr und treu umgegangen sind und ihm so viel Gutes getan haben. Und sollen so bezahlt werden.

Nun, alles, was Gott tut, tut er zum Guten. Es ist um die Zeit der Frankfurter Messe gewesen, daß mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – auf diese Messe hat reisen müssen, wie er auch auf alle Messen

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_108.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)