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Also hat mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – gefragt, wie weit Hannover von diesem Dorf sei. Sagt der Bauer: acht Meilen. Also hat mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – mit dem Bauer ausgerechnet, daß er noch gute Zeit hätte und noch vor dem Laubhüttenfest könnte in Hannover sein, wenn er am nächsten Tag abreist.

Also hat mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – gleich einen Wagen gedungen und wir sind am Abend weggezogen. Mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat so eine Freude gehabt, daß es sich just so treffen sollte, daß er mit Frau und Kindern das Gebot: »Du sollst Vater und Mutter ehren« erfüllen konnte und an den Feiertagen bei seinem Vater und bei seiner Mutter sein konnte. Nach all unserer ausgestandenen Unruhe, Sorge und Nöten sind wir in guter Vergnüglichkeit vor Hannover gekommen. Mein Schwiegervater – das Andenken des Gerechten gesegnet – ist uns entgegengekommen wie ein Engel, wie der Prophet Elias, mit einem Stecken in der Hand und mit einem schneeweißen Bart bis an den Gürtel und seine Backen ritzerot. Kurz, wenn man einen alten schönen Mann abmalen sollte, hätte man ihn nicht schöner malen können. Was wir nun sämtlich für eine Seelenfreude von diesem Anblick gehabt haben und wie vergnüglich wir die ersten Tage des Laubhüttenfestes gelebt haben, ist nicht zu beschreiben. Aber gleich an den Halbfeiertagen sind wir weiter nach Hamburg gefahren.

Obschon mein Schwiegervater und meine Schwiegermutter – sie ruhen in Frieden – gern gehabt hätten, daß wir alle Feiertage bei ihnen geblieben wären, so wäre es uns doch nicht gelegen gewesen, und wir haben ihnen die Gründe angegeben.

Also sind wir ganz vergnügt von ihnen gezogen und haben sie, ach, alle beide, in dieser Welt nicht wiedergesehen. Gott wolle mich ihre Fürsprache genießen lassen, daß er mich nach dieser sündigen Welt im Paradies bei ihnen sein läßt. Obschon wir unseren Korporal gern von uns geschickt

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)