Seite:Glueckel 196.jpg

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begraben, ehe es Tag wird.« Da es nun der Hofmeister hört, so sagt er zu ihm: »Weich ab von mir mit solchen Sachen.« Und der Königssohn bat seinen Hofmeister gar sehr, er solle ihm doch helfen den Toten begraben. So antwortet der Hofmeister dem Königssohn mit großem Zorn: »Ich hab mit keinem Vollsäufer und Mörder etwas zu schicken und wenn ihr mich nicht behalten wollt als euren Hofmeister, so sind mehr Herren vorhanden.«

Und er schlug die Haustür vor ihm zu und ließ ihn draußen stehn. Der Königssohn geht weiter vor seines Schreibers Tür und er antwortet ihm auch also. Und er ging auch von dannen und kam vor seines Kammerdieners Haus und er erzählte ihm auch all die Worte, und er begehrte von ihm, daß er ihm helfen sollte, den toten Körper zu begraben. Und es antwortet ihm der Kammerdiener: »Es ist zwar wahr, daß ich schuldig bin, dir zu dienen, solange du mein Herr bist. Aber ich hab mich dir nicht als einen Totengräber in Dienst gegeben. Und ich tät es dir auch gern zu Gefallen, aber ich fürcht mich sehr vor deinem Vater, der so jähzornig ist. Vielleicht möcht er es erfahren und erschlägt mich und dich. Doch begrab du ihn selbst auf dem Friedhof, der hier nahe bei ist und ich will dir Schildwache stehn, zu sehen, ob jemand kommen möchte, um dich alsdann zu warnen.«

Und sie taten also. Und er begrub das Kalb im Sack auf dem Friedhof und es ging jeder wieder nach Hause.

Morgens kamen die drei zusammen. So erzählt der Hofmeister von dem bösen Stück, das der Königssohn begangen hat und daß er wollte den toten ermordeten Körper von ihm begraben haben, und daß er mußte ihm so abschlägig antworten. So sagten der Schreiber und der Kammerdiener: »Er ist auch bei uns gewesen und wir haben auch keinen Teil daran haben wollen und er begrub ihn allein auf dem Friedhof.« Und sie berieten sich zusammen, daß sie es dem König anzeigen wollten, denn sie dürften es nicht verschweigen. Und sollte der König uns das nicht für gut halten und auslegen? Er wird den übel ungezogenen

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_196.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)