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Sohn geschrieben, ich sollte ihm für tausend Reichstaler und mehr Strümpfe schicken, welches ich auch getan. Ich bin auf der Braunschweiger Messe gewesen, dort sind Amsterdamer Kaufleute gewesen, die für ungefähr achthundert Reichstaler Wechsel auf meinen Sohn Reb Löb gehabt haben.

Mein Sohn Reb Löb – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat mir nach Braunschweig geschrieben, ich sollte doch seine Wechsel in Ehren zahlen, er wollte mir das Geld nach Hamburg remittieren. Nun, wie ich allezeit für meine Kinder gewesen, habe ich mir gedacht, ich will ihm keine Schande antun lassen, daß ich seine Wechsel hätte protestieren lassen, und ich hab alles in Ehren gezahlt. Wie ich nun von der Braunschweiger Messe gekommen bin, bin ich der Meinung gewesen, Wechsel von meinem Sohn Reb Löb für mich zu finden, es ist aber nichts vorhanden gewesen. Obzwar ich davon geschrieben habe, hat mir mein Sohn allezeit Antworten geschrieben, die mir nicht gefallen haben. Nun was hab ich tun sollen; ich hab mich zufriedengeben müssen.

In vierzehn Tagen danach ist ein guter Freund zu mir gekommen und hat zu mir gesagt: »Ich kann es dir nicht vorenthalten und muß dir sagen, daß mir die Geschäfte von deinem Sohn Reb Löb gar nicht gefallen, denn er steckt in großen Schulden, ist seinem Schwager Reb Model viertausend Reichstaler schuldig, und derselbe sitzt in seinem Gewölb, daß er sozusagen zusehen sollte, aber er ist ein Kind und nicht kapabel dazu. Er nascht und frißt und sauft und jeder ist Herr und Meister im Gewölb. Dein Sohn Reb Löb ist zu gut und fromm und läßt einen jeden schalten und walten. Zudem saugen ihn die Berliner mit Zinsen aus und er hat zwei Wölfe über sich. Der eine ist Reb Wolf, der Sohn des Oberrabbiners von Hamburg Reb Salomon Mirels und der andere Wolf ist der Schwager des gelehrten Reb Benjamin. Der letztere Reb Wolf geht ihm alle Tage in sein Gewölb und trägt ihm heraus, was er sieht und was er nicht sieht. Zudem hat er

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_206.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)