Seite:Grimms Märchen Anmerkungen (Bolte Polivka) I 238.jpg

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Fischer, Mundart im preuß. Samlande 1896 S. 255 nr. 5 ‘Wie die Bären und Wölfe Hochzeit hatten’ (der weggejagte Hund, Kater, Hahn, Ganter und Ochse vertreiben die Bären und Wölfe aus dem Waldhause; dem auf Kundschaft ausgesandten jungen Wolf erscheint die Gans als Schneider mit Schere, die Katze als Magd mit Hechel, der Ochse als Knecht mit Heugabel, der Hund als Schmied mit Zange und der Hahnenruf als: Reicht mir ihn her!). Aus Siebenbürgen bei Haltrich ⁴ nr. 98 ‘Der Fuchs überredet den Wolf, ins verlassene Räuberhaus zu gehen’ (Ochse, Esel, Katze, Hahn) = Haltrich, Zur Volkskunde der Siebenbürger 1885 S. 33. – In einer Fassung aus Zürich bei Meier, Vm. aus Schwaben Nr. 3 = Sutermeister Nr. 29 ‘Der Räuber und die Haustiere’ führt ein Müllerknecht die Tiere ins Räuberhaus (Pferd, Ochse, Hund, Hahn, Katze, Gans); ebenso bei F. v. Arnim 1844 Nr. 11 ‘Der Mann mit den Tieren’ (Pferd, Ochse, Hund, Katze, Hahn), bei Kuhn, Sagen aus Westfalen 2, 229 ‘Der reisende Handwerker und die Tiere im Hünenhause’ (Pferd, Esel, Ochse, Kuh, Ziege, Schaf, Hund, Katze, Gans, Ente, Hahn, Henne, Krebs: Riese) und in den Bl. f. pomm. Volkskunde 9, 46 ‘Der alte Soldat’ (Hund, Pferd, Ochse, Schwein, Katze, Gans, Hahn: Räuber).

Unter diesen Fassungen sind die hannöversche, samländische und die siebenbürgische die altertümlichsten, weil hier die Haustiere im Waldhause es mit einem Wolfe, und nicht mit einem Räuber zu tun haben. So wird unser Märchen schon im 16. Jahrhundert von Hans Sachs und Rollenhagen erzählt. Jener berichtet 1551 in einem Meisterliede (Fabeln und Schwänke hsg. von Goetze und Drescher 5, 211 Nr. 735: Das Kecklein unter zwölf Wölfen; zuerst Zs. f. vgl. Litgesch. 7, 454), wie Katze, Ochse, Pferd und Hahn auf der Wanderschaft in einem leeren Waldhause übernachten, dessen Eigentümer zwölf Wölfe sind. Wie diese gegen Morgen heimkehren und den Hahn krähen hören, senden sie einen von ihnen, Kecklein geheißen, voraus. Doch dieser wird in der Küche von der Katze, im Heustadel vom Ochsen, im Stalle vom Pferde angefallen; er flieht und erzählt den Genossen, ein Pfannenflicker habe ihm eine Klammer auf die Nase gelegt, ein Bauer ihn mit der Heugabel gestochen, ein Büttner mit zwei Schlägeln geschlagen und ein Bader auf dem Dache, der Hahn, mit Augenausstechen gedroht:

     Zwölf Wölf die hielten Hause
Mit einander auf gleiche Beut.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Bolte, Jiří Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm I. Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1913, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Grimms_M%C3%A4rchen_Anmerkungen_(Bolte_Polivka)_I_238.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)