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57. Damals konnte man zu Bremen ein thränenreiches Trauerspiel sehen durch die Bedrängnisse, denen Bürger, Lehnsleute und Diener, ja, was noch schlimmer war, selbst Geistliche und Nonnen ausgesetzt waren. Denen nun, die strafbar waren, geschah, wie mir scheint, schon recht, daß sie gezüchtigt wurden, den Anderen aber nicht also. Erstens nämlich befahl man einem Reichen, der ohne Schuld war, um ihn schuldig erscheinen zu lassen, etwas kaum mögliches; unterließ er nun dies auszuführen, oder machte er die Unmöglichkeit der Ausführung geltend, so ward er sogleich seines ganzen Vermögens beraubt, und wagte er dann noch zu murren, so warf man ihn ins Gefängniß. Da sah man nun viele mit Geißeln züchtigen, viele in Fesseln schlagen, viele aus dem Hause stoßen, sehr viele aber in die Verbannung abführen. Und, wie es zu den Zeiten geschah, als Sulla im Bürgerkriege den Sieg erlangt hatte[1], so verurtheilte auch hier gar oft einer von den Großen, obwohl ohne Wissen des Erzbischofs, dennoch, als geschähe es aus Befehl desselben, einen, gegen den er selbst einen persönlichen Haß hegte. Ferner aber mußten wir, damit weder irgend ein Stand noch Geschlecht von so großem Frevel unberührt bliebe, es erleben, daß selbst arme Weiblein ihres Goldes und ihrer Kleider beraubt wurden, und daß die, welche eine so verruchte Beute davontrugen, bei den Priestern und Bischöfen zu suchen waren. Ferner habe ich in Betreff derer, denen ihre Habe weggenommen war, oder die allzu hart von dem Geldeintreiber bedrückt wurden, erfahren, daß manche aus allzu heftigem Schmerze in Wahnsinn verfielen, andere aber, die vorher reich gewesen waren, von Thür zu Thür betteln gingen. Und da die Nachsuchung nach Beute alle Unterthanen des Bischofs traf, so überging sie auch die Kaufleute nicht, welche aus allen Theilen der Erde Bremen mit den gangbaren Waaren besuchten; alle diese brachte das fluchwürdige Erpressungswesen der Stellvertreter des Erzbischofs oft so weit,

  1. Nach Sallusts Jugurtha, Kap. 91.
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Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte.Leipzig: Dyk'sche Buchhandlung, 1893, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hamburgische_Kirchengeschichte_(Adam_von_Bremen)_185.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)