Seite:HansBrassTagebuch 1943-01-26 002.jpg

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Sie wohnen in Essen, bei einer anderen Tochter, die dort mit einem Arbeiter verheiratet ist. Infolge der letzten Luftangriffe sind sie nun wieder hierher geflohen, d.h. die alte Mutter mit dieser Tochter u. deren Tochter. Eine andere Tochter der alten Mutter ist in E. geblieben, – ihr ist bei einem Luftangriff ein Arm völlig abgerissen worden.

     Wir hatten Gelegenheit, diese eine Tochter – die Arbeiterfrau, – also eine Schwester unserer Frau Neumann, gestern Abend zu sprechen u. dabei die vollständige Verwirrung zu erkennen, in der wir uns infolge der Nazi-Propaganda befinden. Diese Arbeiterfrau aus Essen ist fast noch mehr wie Frau Neumann selbst der Typ einer polnischen Litauerin, was sie aber nicht hindert, deutsche Patriotin u. Nationalsozialistin zu sein. Das nennt man wahrscheinlich „Reinerhaltung der Rasse“. Die Frau erzählte anschaulich von der schrecklichen Wirkung der Luftminen, die die Engländer werfen u. damit ganze Häuserblocks vernichten. Die Bevölkerung sitzt derweil in Kellern u. Bunkern, schreit „Heil Hitler“ u. schimpft auf Churchil. Auf meine verwunderte Frage meinte sie ganz ahnungslos: ja, der ist es doch, der die Bomben schmeißen läßt. – Und dann erzählte sie alles, was darüber in der Zeitung steht, daß die Engländer damit angefangen haben u. daß sie nur immer auf die Wohnviertel ihre Bomben werfen usw. – Diese Menschen sind völlig unserer Propaganda ausgeliefert, es gibt nichts anderes für sie. Zum eigenen Nachdenken sind sie natürlich zu primitiv. So finden sie auch die Judenpolitik u. ihre grausamen Metoden durchaus in Ordnung, die Frau lachte darüber. – Es ist also völlig hoffnungslos, daß diese Menschen zur Einsicht kommen. Es wird die schwerste Aufgabe werden, diese einseitig verhetzten Menschen wieder auf einen menschlichen Standpunkt zurückzuführen. Das verwunderlichste war mir, daß diese Leute auch noch Wert darauf legen, fromme evangelische Christen zu sein. Besonders die Schwester, die den Arm verloren hat. Sie erzählte, daß diese Christen sich in einem Saal treffen, wo Harmonium gespielt, gesungen u. gebetet wird. Eine Pastorenfrau leitet diese frommen Zusammenkünfte, doch ist diese bei einem der letzten Bombenangriffe verrückt geworden u. ist jetzt im Irrenhause. Auf meine Frage, wie man Christ u. Nationalsozialist zugleich sein könne, wurde mir gesagt, daß das miteinander nichts zu tun hätte. Freilich: das eine ist praktisches Leben u. das andere ist fromme Gefühlsduselei. Diese Leute können ohne weiteres Jesus Christus ihren Bruder nennen u. gleichzeitig mit den grausamen Mördern von Hunderttausenden von Juden u. Polen paktieren, obschon diese letzteren dem Blute nach ihre Verwandten sind. – Es ist das wirklich ein teuflisches Bild.

     Ueber Rassenmischung sagt Hitler: Mein Kampf, daß der Arier, – also er meint damit in erster Linie den Deutschen, – die niedrigeren Rassen, also die Polen, unterwerfen müsse, um deren Betätigung unter seinem Befehl, nach seinem Wollen u. für seine Ziele zu „regeln“. Er fährt dann fort mit der Feststellung, daß sich die Scheidewand zwischen den

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Hans Brass: TBHB 1943-01-26. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-01-26_002.jpg&oldid=- (Version vom 25.4.2024)