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Dienstag, 9. Februar 1943.     

     Gestern kam Fritz mit dem Auto der Batterie. Martha war zum ersten Male wieder auf, aber doch noch sehr schwach. Ich fürchtete, daß die Aufregung ihr schaden würde, aber es geht heute ziemlich gut.

     Fritz brachte wie immer viel Leben, aber auch Unruhe. Abends erzählte er von den Tagen in Berlin im Hause der Eltern seiner Braut, die man nun wohl so nennen darf. Die Eltern dieses Mädchens sind noch schlimmer, als wie ich sie in Erinnerung hatte, – gänzlich disziplinlose, verantwortungslose Intellektuelle. Das Mädchen ist noch sehr jung u. steht zu ihren Eltern in heftiger Opposition, – man wird da viel zu tun haben, um sie in Ordnung zu bringen; aber da sie offenbar Fritz schon von früher Kindheit an sehr zugetan war u. ihn jetzt ehrlich liebt, so kann man hoffen, daß sie einer Erziehung zugänglich ist. Die weitere Entwicklung, Heirat usw. ist freilich noch nicht geklärt. Möge Gott seine Gnade über dem jungen Paare walten lassen, – der Geist des Großvaters möge sie schützen. –

     In Italien ist der frühere Außenminister Graf Ciano, Schwiegersohn von Mussolini, Gesandter beim Vatikan geworden. Das kann nur bedeuten, daß Italien die Vermittlung des Papstes um einen Frieden anruft, – wahrscheinlich mit Hitlers Einverständnis. – Jetzt, wo diesen Halunken die Felle wegschwimmen, laufen sie zum hl. Vater, daß er das Unglück abwenden soll, den sie bis dahin nur immer beschimpft haben!

Mittwoch 10. Februar 1943.     

Marthas Gesundheit wird besser, aber sehr viel Schwung noch nötig. Fritz geht ganz auf in seiner jungen Liebe. Plan erörtert, ob seine Braut für einige Tage herkommen soll, doch könnte sie nur am Sonntag kommen u. da fährt kein Autobus von Ribnitz. Er wird's aber schon machen.

Im Heeresbericht werden nach wie vor alle Angriffe der Russen blutig zurückgewiesen, – in Wahrheit aber haben sie Kursk u. Bjelgorod erobert u. stehen jetzt dicht vor Charkow. Damit haben sie also schon mehr zurückerobert, als wir ihnen seit Frühjahr 1942 abgenommen haben. In der Zeitung ist viel von der Neutralität der Türkei die Rede, – die Enttäuschung wird um so größer sein. Vorgestern Nacht waren viele engl. Flieger in der Luft. Bomben wurden nicht abgeworfen, wahrscheinlich haben sie die Ostsee vermint.

Mittwoch 17. Februar 1943.     

     Die ganze Woche ging hin mit der Beschäftigung mit Fritz u. seiner Braut. Sie kam am Sonnabend Nachmittag u. war für uns sofort eine sehr angenehme Ueberraschung. Sie ist sehr jung, am 15. Oktober erst 18 Jahre alt geworden, macht aber den Eindruck einer Zwanzigjährigen. Sie ist ziemlich groß u. schlank, etwas größer als Fritz, hat eine gute, elastische Figur, von sehr ruhigem, zurückhaltendem Wesen. Nach Ueberwindung der ersten Schüchternheit, die ich sofort dadurch bekämpfte, daß ich zu ihr Du sagte u. sie aufforderte, dasselbe uns gegenüber zu tun, entfaltete sie sich nach u. nach als ein warmherziges Geschöpf, dessen Verstand das Gefühl mindestens

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Hans Brass: TBHB 1943-02-09. , 1943, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-02-09_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2024)