Seite:HansBrassTagebuch 1943-03-14 002.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

von Herrn Himmler, Lorenz, Goering usw. Rücksichtsloser Arbeitseinsatz gilt eben nur für uns. – Dem alten Bauern Paetow haben sie jetzt den letzten Sohn genommen, einen Knecht hat er nicht. Frühjahrsbestellung ist also unmöglich. Am Dienstag soll der einzige Fuhrmann des Dorfes, der die Lebensmittel u. a. Frachten von Ribnitz hierher holt, nach Stralsund zur Musterung. Der Mann ist, glaube ich, 52 Jahre alt. Wenn dieser Mann eingezogen wird, dann werden wir weder Frachten noch Lebensmittel mehr bekommen. Seine Pferde sind zwar so wie so schon halb verhungert, aber der Forstmeister hat acht Pferde in Sundische Wiese stehen. -

     Nachmittags war Herr Maßmann aus Prerow hier, – auf einem ganz neuen Motorrad. Er ist stellvertretender Amtsvorsteher, da der richtige endlich zum Militär eingezogen worden ist, nachdem er es bisher gut verstanden hat, sich zu drücken. –

     Mit Frau Oberin Gertrud van Beck in Bln. telephoniert. Sie wohnt in Südende u. erzählte am Telephon von dem fürchterlichen Bombardement. Es hat überall gebrannt, – in ihrem Hause konnte eine Brandbombe noch rechtzeitig gelöscht werden.

     Rektor Dutemeyer aus Müritz schreibt, daß der junge Erbe seines väterlichen Hofes in Stalingrad gefallen ist.

     Die Kinder Seeberg u. von Paepke sind hier eingetroffen aus Berlin, die Wohnungen der Eltern sind zerstört. – Und über uns kreisen die schweren Bomber. Es ist ein peinliches Gefühl, zu wissen, daß jeder von ihnen Bomben von 2 – 4 Centner Schwere bei sich hat. –

     Wjasma haben wir geräumt, angeblich zur weiteren Frontverkürzung, was wohl stimmen mag. Im Süden haben wir Charkow zurückerobert, wenigstens teilweise, – aber damit scheint auch unsere Gegenoffensive wieder stecken zu bleiben. Zunächst ist damit aber eine neue Stalingrad=Katastrophe bei Taganrog abgewehrt worden. –

     Gestern Abend Besuch von Frau Line Ristow, die einen Probedruck der Hochzeitsanzeige für Fritz u. Margret mitbrachte. Sehr gut gedruckt, aber auch meine Zeichnung ist sehr gut. Ich freue mich, daß mir so etwas doch noch sehr gelingt.

     Von Hilde Vollers aus Hamburg Nachricht, daß sie die Trauringe machen will. Habe ihr gestern das nötige Gold geschickt. – Solche Ringe dürfen nur 333 Gold haben u. nicht schwerer als 7 gr. sein. Der Grund dazu ist unbegreiflich, da man ja doch selber das Gold liefern muß, – u. wenn man mehr hat, so wird doch niemand geschädigt. Goering aber schenkt einer Sängerin, die zu seinem Geburtstag singt, ein schweres, goldenes Armband mit Brillanten! – Man fühlt das Abgleiten fast körperlich. –

     Neuerdings werden Einheimische mit Gewehren u. Armbinden ausgerüstet als „Landwacht“, – was das heißen soll, weiß niemand. Man sagt, es seien Gefangene ausgerückt; aber was sollen die hier?

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1943-03-14. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-03-14_002.jpg&oldid=- (Version vom 26.4.2024)