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Post, deren Hauptteil wohl erst am Nachmittag kommt. Es ergab sich im Gespräch, daß zwischen Fritz u. Margret eine kleine Verstimmung herrscht, hervorgerufen durch Fritzens leider vorhandenen Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Leuten mit akademischer Bildung, zu denen Margret natürlich ein ganz selbstverständliches Zugehörigkeitsgefühl hat, – insbesondere, so weit es sich um Mitglieder ihrer Familie u. des hiesigen Forensenkreises handelt. Es muß versucht werden, dergleichen Spannungen auszugleichen. –

     In der Sache des Malers Hülsmann habe ich am Sonntagabend meinen Standpunkt schriftlich formuliert u. habe ihm diese Niederschrift gestern übergeben. Es scheint, als wäre das nicht ohne gute Folgen. Möge ihm Gott helfen.

     Seit gestern regnet es unaufhörlich. Es holt alles nach, was bisher an Feuchtigkeit gefehlt hat. Gestern wurde uns bekannt, daß die Preisprüfungs-Kommission ab heute bis Donnerstag Zimmer im Baltischen Hof belegt hat. Es wird also heute diese Preisschnüffelei wieder losgehen. Gestern abend haben wir nochmals einige Preise in der Textilabteilung revidiert, hoffentlich wird es diesmal alles klappen.

Sonnabend, 12. Juni 43.     

     Das Wetter ist wieder schön geworden. Sommerliche Temperatur, Sonnenschein. Morgen ist Pfingsten. Heute im Geschäft sehr lebhaft. Die Leute kaufen, nur um ihr Geld los zu werden. Die Preisprüfungskommission ist nicht wieder bei uns gewesen. Tageskasse heute 1033,– Rm., obwohl wir nur von 4 – 7 Uhr geöffnet haben.

     Herr Beichler war nach Geschäftsschluß eine Viertelstunde bei uns mit seiner Pflegetochter, Frau Gerda Knecht. Wir saßen etwas vor dem Hause u. er erzählte vom letzten Angriff auf Wuppertal, der furchtbar gewesen sein muß. Er ist Unteroffizier bei der Artillerie in Osnabrück u. zwei Wachtmeister seiner Truppe sind aus Wuppertal. Sie haben erzählt, die Engländer hätten nicht mehr wie bisher Phosphor in Kanistern abgeworfen, sondern sie hätten das Phosphor direkt aus den Flugzeugen gespritzt, sodaß ein Feuerregen niedergegangen sei, der alles vernichtet hätte, sogar das in dieser Stadt verwendete Holz=Asphaltpflaster hätte gebrannt, sodaß die Menschen nicht aus den Häusern herauskonnten. Die Leute sollen in die Wupper geflüchtet sein.

     Ueber die allgemeine Lage konnte er auch nichts Neues sagen, doch meinte er, daß bald etwas Furchtbares geschehen würde. Von seinem Truppenteil ginge der Ersatz nach ganz merkwürdigen, Gegenden, er sagte aber nicht, wohin. Sonst hat er dieselbe Vorstellung wie wir auch, daß nämlich die gegenwärtige Stille an der Ostfront sehr unheimlich wäre. Er wußte aber offenbar nicht mehr wie wir auch.

     Gestern Abend wurde bekannt, daß Pantelleria gefallen sei.

     Prof. Erich Seeberg hat Schlaganfall gehabt u. ist hier eingetroffen. Rechtsseitige Lähmung. Er ist Anfang 50. – Sehr früh!

     Von Pfr. Dobzcynski bekam ich heute ein kleines Heftchen über das Bußsakrament, das er verfaßt u. auf einer Vervielfältigungsmaschine vervielfältigt hat. Es soll für den sog. Beichtunterricht dienen u. ist wirklich sehr gut. Es ist rührend, welche Mühe sich dieser Mann gibt.

Pfingstsonntag, 13. Juni 1943.     

     Morgens hatten wir eine besonders schöne Andacht. Die ersten Rosen aus dem Garten auf dem Altar. Als Gast war ein kleines, etwa 10 Jahre altes Mädchen aus Duisburg bei uns, welches von Frau Kuhnke für die Ferien hierher gebracht worden ist, ein reizendes Kind, fromm u. lieb. Die Gegenwart dieses Kindes gab mir viel

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Hans Brass: TBHB 1943-06-08. , 1943, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1943-06-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.5.2024)