Seite:HansBrassTagebuch 1953-07-03 003.jpg

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ließe sich die Arbeit dort ganz gut an. E. steht sich mit dem Direktor, der ein Mann von Format zu sein scheint, sehr gut. Ihr Chefarzt Dr. Anders ist zwar weniger erfreulich, aber E. wird schon mit ihm fertig werden, darum habe ich keine Sorge. Um ihren Facharzt zu machen, muß sie so wie so drei Jahre dort bleiben u. was nachher wird, darum braucht man sich heute noch nicht sorgen. – Sodann ist man in solch einer Anstalt natürlich der Beobachtung sehr ausgesetzt. Die Schwestern u. sonstigen Angestellten interessieren sich natürlich sehr für das Privatleben der Aerzte u. es gibt immer Klatsch u. Tratsch. Aber das gibt's auch, wenn man woanders wohnt. Hier in der Friedrichstraße ist das nur wenig der Fall, in einem Vorort aber interessiert sich der ganze Ort. Klatsch u. Tratsch aber sind nur lästig, wenn man sie an sich herankommen läßt, man kann das ignorieren u. dann berührt es einen nicht, zumal wenn man, wie es bei uns der Fall ist, nichts zu verbergen hat. Dies aber scheinen mir, abgesehen von der Isolierung bzw. von der Trennung vom berliner Verkehr, die einzigen Nachteile dieser Wohnungen zu sein. Ihnen stehen gegenüber die freie, ruhige Lage, ein Gärtchen u. eine nahe Verbindung nach der herrlichen Gegend um Strausberg u. nach Buckow u. der märkischen Schweiz. Ferner noch sonstige kleine Annehmlichkeiten, die solchen Anstalten immer zuteil werden, wie Kohlenversorgung, Lebensmittelversorgung usw. usw. – Und was den Verkehr mit Menschen betrifft, so ist es ja nicht unmöglich, daß man dort unter den Aerzten u. Schwestern auch einige trifft, mit denen sich umgehen läßt. –

     Und zuletzt ist es noch etwas, was mir diesen Gedanken sympatisch macht. Der Jupiter, der Geburtsgebieter meines Horoskops u. der einflußreichste Planet steht in meinem Horoskop ja am 12. Hause, also dem Hause der geschlossenen Anstalten wie Klöster, Gefängnisse, Krankenhäuser, Irrenanstalten usw. Ich würde den Abschluß meiner Erdentage dort in der Anstalt als sehr harmonisch u. schicksalsbedingt empfinden u. mich bestimmt dort sehr wohl fühlen. – Uranus steht unter dem Horizont im ersten Hause u. wird meinem Leben wahrscheinlich ein sehr plötzliches Ende setzen, aber ich denke, daß die enge Ballung der Planeten um die Sonne herum im 11. Hause, dem Hause der öffentlichen Beziehungen, der Freundschaften u. des Gefolges vorher noch zu einer harmonischen Auswirkung kommen wird. Diese enge Ballung im 11. Hause hat in meinem Leben ja stets zu großen Hemmungen, zu Streit u. Widersachern geführt, die vielen Kräfte in diesem Hause haben sich gegenseitig gerieben u. gestört, sodaß ich niemals beruflich zu einer wirklichen, öffentlichen Geltung gekommen bin, die mir bei dieser Betonung des 11. Hauses eigentlich zugekommen

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Hans Brass: TBHB 1953-07-03. , 1953, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-07-03_003.jpg&oldid=- (Version vom 30.4.2024)