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Dem Andenken Bismarcks.
geb. 1. April 1815.
Zum 100jährigen Geburtstag.


     Am 1. April 1815 wurde Ferdinand v. Bismarck auf Sdönhausen und seiner Frau Wilhelinine geb. Mencken ein Sohn geboren, den sie Otto nannten. Wie hat das Deutsche Volk die 100 jährige Wiederkehr dieses Tages, an dem ihm der größte seiner Söhne des verflossenen Jahrhunderts geschenkt wurde, gefeiert? Nicht durch prunkvolle Feste zeichnete sich dieser Gedenktag aus; wohl scharte sich hier und dort die Menge in Volkszusammenkünften um Männer, die der Bedeutung dieses Tages in markigen Reden Ausdruck verliehen. Dem Ernst und der Schwere dieser furchtbaren, blutige Opfer heischenden Kriegszeit entsprach äußerer Glanz nicht. Und doch stattete das deutsche Volk in nie erlebter, nie gesehener Weise seinen Dank dem Manne ab, der des neuen deutschen Reiches Macht und Größe schuf.

     Das ganze Jahr 1915 war eine ununterbrochene Huldigung vor dem Genius, den Gott uns Deutschen geschenkt hat; denn jeder Tag dieses großen, gottgesegneten Jahres war ein Bekenntnis zu der Wahrheit des Wortes, ein Umsehen dieses Wortes in die Tat, das Bismarck in ernster Zeit, seinem Volke aus der Seele sprechend, eins mit ihm, unsern Widersachern draußen zurief: „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nichts in der Welt.“ Umzingelt vor den balbgesitteten, roben Horden der Russen, von den durch einen falschen, hohlen Ehrbegriff fanatisierten Franzosen, von den vor keinen Verrat, Lüge, Verleumdung, Bestechung zurückschreckenden, nur auf niedrigste selbstsüchtige Weise auf ihren Vorteil bedachten Engländern, von den charakterschwachen, durch den Mangel jeglicher Selbstbesinnung so leicht zur Treulosigkeit verleiteten Italienern, sehen wir uns im Sommer 1914 in einen Krieg hineingezerrt und getrieben, den wir nicht gewollt, nicht gesucht, vielmehr bis auf’s äußerste zu vermeiden gesucht hatten.

     Daß wir in diesem uns so leichtfertig aufgedrungenen Krieg nicht unsere Feinde, sondern nur Gott zu fürchten brauchten, das ist, im Verein mit unserer sittlichen Arbeit an und selbst, in der wir uns in Friedenszeiten bemühten, die von Gott in unser Volk gelegten Anlagen zum Besten der Allgemeinheit geistig, wirtschaftlich und in sozial sich betätigender Menschenliebe auszubauen, das unauslöschliche, große Verdienst Otto v. Bismarcks.

     So soll das glorreiche Jahr 1915 nicht zu Ende gehen, das Jahr 1916 nicht beginnen, ohne daß wir mit uneingeschränktem Dank zu dem Manne aufschauen, der in beharrlicher Verfolgung seines Zieles, mit Einsetzung seines ganzen Lebens, seiner vollen Kraft, oft genug kämpfend gegen ihn nicht verstehende Volksgenossen, sich zur Wehr setzend gegen unberechtigte Übergriffe äußerer Feinde, seinem Volk in restloser Hingabe diente. Ein Vorbild für jeden Deutschen in seiner nie ermüdenden Pflichterfüllung, in seinem unerschütterlichen Glauben, daß Gottes Weisheit die Geschicke der Menschheit leitet, in seiner Erkenntnis, daß dem im Innern durch das Gewissen für wertvoll und gut Erkannten auch äußerlich im Leben des Einzelnen, wie der Völker sein ihm gebührendes Recht gesichert werden muß. Ist es nicht Bismarcks Werk, wenn unser Volk beim Ausbruch und im Verlauf des Weltkrieges einmütig dastehen konnte, Hand in Hand in untrennbarer Kette, vom Fürsten und Fürstensohne bis zum Arbeiter und Arbeiterkind, Mann, Frau, Jüngling und Jungfrau, beseelt von nur einem Willen: für das Vaterland mit Gut und Blut einzutreten?

     Wir alle heute, jung und alt, erfreuen uns begeistert an den Erfolgen Hindenburgs, an den Taten unserer großen Heerführer, fühlen uns ruhig und sicher in dem Schutze, den unser tapferes Heer unseren Grenzen, unserem ganzen Land angedeihen läßt. Wir leben mit ihnen, erleben mit Allen das Große, Neue, was sich zur Wirklichkeit durchdringt in dieser beispiellos gewaltigen Neuordnung der Völker, ihrer Stellung und Machtbefugnisse. Aber die Reihe lichten sich, die mit Bismarck lebten, mit ihm litten, arbeiteten, kämpften um des neuen deutschen Reiches Dasein, Macht und Platz an der Sonne. Uns Lebenden, denen die deutsche Zunge Mutterlaut ist, ist es so selbverständlich, daß wir ein deutsches Reich sind, eine wirtschaftliche Einheit bilden, ein Volksheer unter der unbestrittenen Führung des deutschen Kaisers haben. Wer weiß denn noch von jener Zerrissenheit der Stämme, Länder und Ländchen, die durch ihre Eigensucht und Eigenbrödelei jeden wirtschaftlichen Aufschwung, jede politische Machtentfaltung hintenan hielten? Wer hat die Schäden, unter denen alle seufzten und litten, noch am eigenen Leib erfahren? Vergessen wir über dem Gewinn und Genuß der Gegenwart niemals den, der ins das Größte schuf, aus dem ein Volk erst leben kann, die geschlossene nationale Einheit bei aller Freiheit der Eigenart der Stämme! Und doch ist es vielleicht die größte Bismarck dargebrachte huldigung, wenn wir über dem Werk den Schöpfer vergessen, und so in seinem Werk und für dasselbe leben, als sei es unser Ureigenstes. Und wenn wir das tun, jeder an seinem Platz,