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Aus dem Sagenschatz des Oberharzes.


     Im Erzgebirge und im Oberharzer weben sich eine Reihe wunderbarer Sagen um den Beruf des Bergmannes. Dort wie hier steht ein Bergmann im Mittelpunkt der Erzählungen, der seinen Kameraden als Mönch gekleidet erscheint und darum den Namen Bergmönch trägt. Im Erzgebirge und im Oberharz ging der erste Bergbau von Klosterstätten aus. Mönche des Klosters Altencella, dessen Ueberreste noch in dem heutigen Gasthof „Klosterhof“ bei Clausthal-Zellerfeld erkennbar sind, waren hier die ersten Bergleute.

     Man kann daher mit großer Sicherheit annehmen, daß die Gestalt des Bergmönchs auf Jene ersten Bergleuten in Mönchskutte zurückzuführen ist.

     In den Bergwerken um Clausthal und St. Andreasberg ließ sich von Zeit zu Zeit ein Geist sehen, der die Kleidung eines Mönchs trug. Nur war er überlebensgroß und trug ein riesiges Unschlittlicht in seiner Hand. Dieses Licht besaß die wunderbare Eigenschaft nie zu verlöschen. Wenn die Bergleute morgens einführen, stand der Bergmönch mit seinem Lichte über der Einfahrt und ließ sie unter sich durchfahren. Aber auch in den Schächten ist er ihnen oft begegnet. Dort hielt er die Ordnung aufrecht. Er duldete kein Fluchen, kein Pfeifen, kein Schelten; er half, rettete und warnte den pflichtgetreuen Bergmann.

Bei St. Andreasberg war nun einmal ein Bergmann, der arbeitete in der Samsal (Samson). Er hatte viele Kinder und so wurde es ihm bitter schwer, seine Familie auskömmlich zu ernähren. Da hatte er nun schon oft an den Bergmönch gedacht, der ihm wohl aus seiner Not helfen könnte. Eines Morgens, bevor er einfuhr, Sagte er zu seiner Frau „Wollte Gott, es begegnete mir Heute der Bergmönch, ich wollte ihm mein ganzes Leid klagen, er würde mir vielleicht helfen.“ Seine Frau zwar versuchte ihm diesen Aberglauben auszureden. Er aber bleibt dabei und mit diesem Gedanken fährt er an. Als er nun an den Schacht kommt und einfahren will, ist der Bergmönch da tritt heran, drückt ihm Unschlitt auf seine Lampe; dann winkt er ihm, einzufahren. Der Bergmann glaubt den rechten Augenblick für gekommen und nähert sich dem Bergmönch. Dieser jedoch winkt ihm nochmals, ruhig an seine Arbeit zu gehen. Da gehorcht der Bergmann. Als er am Abend ausfährt, da tritt der Bergmönch wieder heran und drückt ihm einen „Knorbel“ in die Hand, ein großes Stück gewöhnlichen Gesteins. Der verwunderte Bergmann wagt nicht zu fragen; er kommt nach Hause und – – trägt statt des Steins einen Batzen reines Gold bei sich. An dem Unschlitt aber, das ihm der Bergmönch auf die Lampe gedrückt, hat er Zeit seines Lebens genug gehabt, denn es wurde niemals weniger.


     Oestlich von Clausthal-Zellerfeld liegt das Mönchstum. Seinen Namen verdankt es dem Bergmönch, der hier seinen Lieblingsaufenthalt gehabt hat. Dort hat es auch früher schon zahlreiche Gruben gegeben. Da ist der Bergmönch Oft in den Gruben erschienen, ja sogar manchmal in die „Bucht“ gekommen, die Geipelstube, wo sich die Bergleute an- und abmeldeten. So gewöhnten sich die Bergleute an den Bergmönch und haben keine Furcht mehr vor ihm gehabt. Aber manchmal hatte er seine Launen. Er hob die Schützen auf, daß man die Wasserräder nicht zum Stehen bringen konnte, oder er hielt die Kunst auf und erschreckte die Bergleute durch

mancherlei abenteuerliche Spiele und Neckereien. Dadurch wurde er schließlich den Bergleuten zur Last, und sie wollten ihn gern los sein. Endlich folgten ihm einmal einige Bergleute und legten, wo sie gingen, hölzerne Kreuze vor sich auf den Erdboden. Da ging der Bergmönch zuletzt in eine Schlucht hinein, welche im Hintergrund durch eine nackte Steinwand abgeschlossen war. Der Bergmönch blickte sich noch einmal um und schaute seine Verfolger zornig an. Darauf rührte er den Stein an, dieser öffnete sich, Und der Bergmönch verschwand.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1931. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1931, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1931_055.png&oldid=- (Version vom 2.11.2019)