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Hans Flach: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 8
Zum Leben Hesiods

vereinzelt steht Ephoros da mit der Notiz, er habe einen Verwandtenmord begangen, welche Notiz Bergk auf das richtige Motiv zurückgeführt hat. Bergk selbst scheint seine Darstellung dem hesiodischen Gedicht zu entlehnen. Doch was sagt Hesiod an jener Stelle? „Mein Vater erwarb sich in ehrlicher Weise seinen Lebensunterhalt als Schiffer, blieb aber dabei arm; er verließ deshalb seine Heimath und kam auf seiner Flucht nach Askra auch nach diesem Ort“ (nämlich wo Hesiod sich befindet, nachdem er selbst Askra verlassen). So ist die Stelle größtentheils von den Alten verstanden worden, die dennoch eine Schwierigkeit dabei Übersehen oder wenigstens zu gering geschätzt haben. Hesiod sagt: ὃς ποτε καὶ τῇδ’ ἦλθε πολὺν διὰ πόντον ἀνύσσας (v. 635), was Proklos erklärt durch ἐθέλων εἰπεῖν ὃτι ἦλθον εἰς Βιωτίαν. Indessen da der Dichter sich nothwendiger Weise wo anders befinden muss, als in Askra, weil er v. 639 diesen Ort dem τῄδε entgegenstellt, so ist diese Erklärung des Proklos unrichtig, und mit τῄδε muss ein zweiter Flecken gemeint sein. Goettling v. 635 not. dachte an Orchomenos, worauf er schon das αὖθι διακριώμεθα in v. 35 bezog, und ihm folgte Paley; und dass Orchomenos mit der Lebensgeschichte Hesiods in Zusammenhang steht, bezeugt Plutarch bei Proklos zu Opp. 631, und Conviv. 19, das Certamen p. 323 (Goettlings 2. Ausg.), und das γένος ρ. 19. Bergk dagegen schließt aus dem genannten Vers, dass zunächst auf einen an der Meeresküste liegenden Ort hingewiesen wird (S. 920 not. 6), der also Orchomenos nicht sein kann. Was berechtigt zu diesem Schluss? Dass der Dichter sagt, sein Vater sei nach seiner Seefahrt oder Ueberfahrt hierher gekommen? Man findet eine schöne, analoge Stelle im Certamen p. 322 τοῦ δὲ ἀνῶγος διαλυθέντος διέπλευσεν ὁ Ἡσίοδος εἰς Δελφούς, nämlich von Chalkis in Euboia aus, und der Prosaiker fürchtet nicht, dass er missverstanden werden könnte, und dass ein Leser schließen möchte, Delphi sei eine Hafenstadt, obgleich Hesiod doch sicherlich nur nach Aulis herübergefahren (was auch die unechte Stelle Opp. 651 deutlich zeigt) und dann den bei weitem größten Theil des Weges zu Fuß gemacht hat. Bergk geht aber noch einen Schritt weiter und vermuthet, dass der Dichter nach dem lokrischen Naupaktos ausgewandert sei, weil 1) die Sprache seiner Gedichte eine landschaftliche Färbung habe, d. h. vorzugsweise dorische Elemente besitze, 2) auch Naupaktos

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diverse: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 8 (1874). 1874, Seite 459. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_8_459.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)