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und im Stande seiner natürlichen Politik wieder nachzugehen nach dem glänzenden Siege über die Boioter und Chalkidier die auf boiotischer Seite gelegene Festung Hysiai annectirte: diese sperrte wenigstens die große thebanische Straße dem, der den megarischen Pass benutzte. Plataiai nahm Athen nicht in seinen Staatsverband auf: es kannte seine Grenzen. Als dann der Sturm der persischen Invasion verbraust war, durch den delischen Bund die Hegemonie zur See gegründet, da nahm Athen seine vorthemistokleische Continentalpolitik wieder auf, und zunächst gegen Megara. Die dortigen Demokraten unterstützten seine Pläne, ohne Widerstand ward das Land in Besitz genommen, Schenkelmauern verbanden die Stadt mit der athenischen Zwingburg Nisaia, und der attische Landsturm schlug die Korinthier, die interveniren wollten, empfindlich hinaus. Die Annexion schien gesichert. Allein in dem schweren Frieden von 445 ging alles ebenso rasch verloren; die Megarer hatten sich zuerst erhoben. Aber je leichter der Gewinn, je schneller der Verlust gewesen war, desto stärker war der Hass gegen den verachteten und doch so lästigen Nachbar, desto lebhafter war die Begier, die Scharte auszuwetzen und wenigstens diesen nächsten und exponirtesten Posten des verhassten Dorerthums zu vernichten. Die gewollte Verwickelung fand sich leicht: das megarische Psephisma, das ein Hauptanlass zum archidamischen Kriege ward, hat eine traurige Berühmtheit. Nun verwüstete alljährlich ein attisches Heer das megarische Gebiet, attische Schiffe beherrschten völlig den saronischen Busen, vorübergehend gelang sogar die Occupation von Nisaia. Allein Delion und Amphipolis machten allen diesen Plänen ein Ende; auch hatte der Demos wie seine Lenker weder Lust noch Fähigkeit für nächstliegende oder überhaupt für realisirbare Aufgaben übrig. So war die Existenz des megarischen Staates gerettet; freilich war er immer armselig, lehnte sich bald an den bald an jenen Beschützer, ja ward eine Zeit lang sowohl der boiotischen als auch der achaiischen Eidgenossenschaft incorporirt: Athen blieb er dauernd entfremdet. Noch im zweiten Jahrhundert nach Christo, wo doch bei gleicher Elendigkeit von keinem wahren Gegensatze geredet werden konnte, hören wir von kleinlichen und wohl etwas antiquarisch gesuchten Rancunen[1].

  1. Philostrat. vit. soph. I 24 schließen die Megarer die Athener von ihren Pythien aus, und der Sophist Markos, ihr ἄποικος (er war aus Byzanz), versöhnt sie.
Empfohlene Zitierweise:
diverse: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 9 (1875). , 1875, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_9_321.png&oldid=- (Version vom 25.2.2024)