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habe Krates erst nach dem Vorgang der Sikelioten Epicharmos und Phormis seinen Stücken gegeben, indem er auf die iambische Komödiengattung (die specifisch alte, d. h. politische Komödie) verzichtet. Also: erst gibt es die λεγόμενοι ποιηταί, dann erhält, die Komödie die Staatsconcession, dann ist sie iambisch (hier ist es erlaubt, als Komiker den Kratinos einzusetzen), dann kommt Krates. Offenbar kennt Aristoteles von den Komikern, die erwähnt werden, keine Werke. Und wenn er in der Tragödie anzugeben wusste, wer die einzelnen Schauspieler hinzugefügt, in der Komödie aber diese Kunde leugnet, so ist der Grund ja klar. In der Tragödie lag ein ausreichendes litterarisches Material vor, um solche Schlüsse ziehen zu können, in der Komödie gab es keine Stücke, die nicht die gewöhnlichen σχήματα, auch die gewöhnlichen drei Schauspieler, zeigten. Diese Notiz wird ergänzt durch den äußerst wohl unterrichteten Grammatiker anon. de com. XVIb20 Dübn., der die Erfindung des dritten Schauspielers dem Kratinos zuweist. Wenn, wie es Aristoteles andeutet, die Komödien des Kratinos die ältesten vorhandenen waren, so übte nicht jeder gleich dem Meister die ars nesciendi, sondern gab flugs den als εὑρέτης (und um einen solchen ist ja die Grammatik stets verlegen) an, vor dem er den gewünschten dritten Schauspieler nicht nachweisen konnte[1]. Wesentlich vervollständigt wird aber Aristoteles’ Angabe durch die andere Stelle der Poetik, deren aristotelischer Ursprung doch wohl unanfechtbar ist, auch wenn

  1. Ich habe nicht erfahren können, ob man über die Bezahlung der Schauspieler im fünften Jahrhundert etwas weiß. Allein das lässt sich wohl mit Sicherheit annehmen, dass es dem Dichter, genau genommen, dem διδάσκαλος, zukam die Schauspieler auszuwählen, denn wir kennen Schauspieler des Aischylos, Sophokles, Kratinos, Aristophanes, und ich vermag hievon die Notiz, dass Sophokles einen Θίασος τῶν Μουσῶν gestiftet nicht zu trennen; und dann hat doch notorisch Aischylos den zweiten, Sophokles den dritten Schauspieler eingeführt, ja Oidipus auf Kolonos und Rhesos, d. h. die spätesten der erhaltenen Tragödien, erfordern einen vierten. Undenkbar also ist die Vermuthung, die Zahl der komischen Schauspieler sei bei der Concession der Komödie fixirt; völlig nichtig die daran geknüpften Folgerungen, die mit Aristoteles in Conflict gerathen. Es wäre doch auch gar sonderlich, wenn Aischylos und Sophokles ihre scenischen Neuerungen nicht als Dichter vollzogen hätten, sondern bei Rath und Bürgerschaft als eine Novelle zur Festordnung eingebracht hätten.
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diverse: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 9 (1875). , 1875, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_9_333.png&oldid=- (Version vom 25.2.2024)