Seite:Internationale Bibliothek (Müller, New York, 1887-1891) Heft 03 Seite 09.jpg

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Johann Most: Die Gottespest

Krieg bis aufs Messer! Aufreizung gegen die Verführer, Aufklärung für die Verführten! Lasset uns jedes Mittel des Kampfes in unsere Dienste nehmen: Die Geissel des Spottes, wie die Fackel der Wissenschaft; wo diese nicht zureichen, – greif- und fühlbarere Argumente!

Vor Allem hüte man sich, in der Arbeiterbewegung Gottes-Phrasen und Religions-Gefasel schweigend mitanzuhören. So wenig in dem Lager der sozialen Revolution – und was ausserhalb desselben steht, ist eben reactionär – monarchische Agitationen oder Privateigenthums-Beschönigungen Raum finden können, so wenig ist in demselben Platz für göttlichen Blödsinn. Und, wohl gemerkt: je „anständiger“ Diejenigen erscheinen, welche das verfluchte Religionsblech mit den Arbeiterbestrebungen vermischen wollen; je „besser“ deren Ruf ist, desto gefährlicher sind sie. Wer den Gottesschwindel in irgend einer Form predigt, kann nur ein Dummkopf oder ein Schurke sein. Beide Sorten taugen nichts zur Förderung einer Sache, welche nur dann ihr Ziel zu erreichen vermag, wenn sie voll und ganz auf der Höhe wissenschaftlicher Erkenntniss steht und sich der Ehrlichkeit ihrer Verfechter erfreut.

Opportunitätspolitik ist da nicht bloss vom Uebel; sie ist ein Verbrechen. Lassen die Arbeiter irgend welche Pfaffen sich in ihre Angelegenheiten mischen, so sind sie nicht nur belogen und betrogen, sondern auch alsbald verrathen und verkauft.

So selbstverständlich es ist, dass der Hauptkampf des Proletariats sich gegen den Kapitalismus zu richten hat und mithin auch auf die Zerstörung des Gewaltmechanismus desselben, des Staates, abzielen muss, so wenig darf in diesem Kampfe die Kirche ausser Acht gelassen werden. Die Religion muss systematisch im Volke untergraben werden, wenn dasselbe zu Verstand kommen soll, ohne welchen es nicht die Freiheit erringen kann.

Für die Dummen, resp. Verdummten, so weit sie noch besserbar erscheinen, werfe man u. A. folgende Fragen auf:

Wenn Gott will, dass man ihn kenne, liebe und fürchte, warum zeigt er sich nicht? Ist er so gut, wie die Pfaffen sagen, welchen Grund hat man, ihn zu fürchten? Ist er allwissend, weshalb belästigt man ihn mit seinen Privatangelegenheiten und Gebeten? Ist er allgegenwärtig, wozu ihm Kirchen bauen? Ist er gerecht, weshalb denkt man denn, er werde die Menschen bestrafen, welche er voller Schwächen erschuf? Thun die Menschen nur aus Gottes Gnade Gutes, welchen Grund hätte er dann, sie dafür zu belohnen? Ist er allmächtig, wie könnte er es zulassen, dass wir ihn lästern? Ist er aber unbegreiflich, weshalb beschäftigen wir uns mit ihm? Ist die Kenntniss von Gott nothwendig, weshalb schwebt er im Dunkel? U. s. w. Vor solchen Fragen steht der gläubige Mensch, wie ein Ochs vor dem Berge.

Jeder Nachdenkende muss aber zugeben, dass nicht ein einziger Beweis für die Existenz eines Gottes je erbracht worden ist. Ausserdem liegt nicht die geringste Nothwendigkeit für die Existenz eines