Seite:Jugendleben und Wanderbilder II 009.png

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genug, um, wenn ich sie recht ins Auge faßte, auf so vieles übrigens Lobenswerthe einen entstellenden Schatten zu werfen. Diese Kehrseite bestand in gewissen zu dem Gute gehörenden Vorrechten, Privilegien, sogenannten alten Gerechtigkeiten, welche man füglicher Ungerechtigkeiten benennen könnte, und die aus sehr früher, vermuthlich noch aus der Zeit der in Danzig und Marienburg hausenden Ordensritter herstammen mochten. Sie waren traurige Ueberbleibsel jenes den freigebornen Landmann zum Leibeignen herabwürdigenden Feudalismus des Mittelalters, gegen die mein Freiheitssinn sich mächtig empörte, und von denen ich nicht begriff, wie sie, bei der republikanischen Verfassung meiner Vaterstadt, bis auf die gegenwärtige Zeit sich erhalten haben konnten.

Jeden Sonnabend sah ich zum Beispiel die Frauen und Mädchen aus dem Dorf mit Besen und Rechen in großer Anzahl heranziehen, um den Hof vor meines Vaters Hause zu reinigen und zu ordnen, während der Frohnknecht mit einer Karbatsche dabeistand, um über sie die Aufsicht zu führen. Gern hätte mein Vater auf unser Bitten diesen Gebrauch aufgehoben, oder doch wenigstens den widrigen Anblick jenes Menschen uns erspart; aber er durfte keines

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Johanna Schopenhauer: Jugendleben und Wanderbilder. Band 2. Georg Westermann, Braunschweig 1839, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Jugendleben_und_Wanderbilder_II_009.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)