Seite:Kafka Beim Bau der Chinesischen Mauer 148.jpg

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war und das Interesse des Dorfschullehrers und seiner Sache niemals außer Acht gelassen hatte. Die Hauptsätze des Schreibens lauteten nämlich: „Ich bitte nicht deshalb um Rückgabe der Schrift, weil ich etwa von den in der Schrift vertretenen Meinungen abgekommen bin oder sie vielleicht in einzelnen Teilen als irrig oder auch nur als unbeweisbar ansehn würde. Meine Bitte hat lediglich persönliche, allerdings sehr zwingende Gründe, auf meine Stellung zur Sache läßt sie jedoch nicht die allergeringsten Rückschlüsse zu. Ich bitte dies besonders zu beachten, und wenn es beliebt, auch zu verbreiten.“

Vorläufig hielt ich dieses Rundschreiben noch mit den Händen verdeckt und sagte: „Wollt Ihr mir Vorwürfe machen, weil es nicht so gekommen ist. Warum wollt Ihr das tun? Verbittern wir uns doch nicht das Auseinandergehen. Und versucht endlich einzusehen, daß Ihr zwar eine Entdeckung gemacht habt, daß aber diese Entdeckung nicht etwa alles andere überragt und daß infolgedessen auch das Unrecht, das Euch geschieht, nicht ein alles andere überragendes Unrecht ist. Ich kenne nicht die Satzungen der gelehrten Gesellschaften, aber ich glaube nicht, daß Euch selbst im günstigsten Falle ein Empfang bereitet worden wäre, der nur annähernd an jenen herangereicht hätte, wie Ihr ihn vielleicht Eurer armen Frau beschrieben habt. Wenn ich selbst etwas von der Wirkung der Schrift erhoffte, so glaubte ich, daß vielleicht ein Professor auf unseren Fall aufmerksam gemacht werden könnte, daß er irgendeinen jungen

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Franz Kafka: Beim Bau der Chinesischen Mauer (Sammelband). Gustav Kiepenheuer, Berlin 1931, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kafka_Beim_Bau_der_Chinesischen_Mauer_148.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)