Seite:Kalewala, das National-Epos der Finnen - 067.jpg

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Glitt nun hin nach dieser Strecke,
Diese Ecke zu durchforschen.
     Als zum Ende er gelanget,
Hört er einen großen Lärmen
Von des Nordlands weiter Gränze,

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Von der Lappensöhne Fluren,

Höret dort die Hunde bellen,
Hört die Lappenkinder weinen,
Hört die Lappenweiber lachen,
Hört die andern Lappen murren.
     Selbst der muntre Lemminkäinen
Macht sich auf um hinzugleiten,
Nach dem Ort, wo Hunde bellen,
Zu der Lappensöhne Fluren.
     Sprach als er dorthin gekommen,

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Fragt als er daselbst erschienen:

„Weshalb lachen hier die Weiber,
Lachen Weiber, weinen Kinder,
Weshalb jammern hier die Greise,
Bellen hier die dunkeln Hunde?“
     „Deshalb lachen hier die Weiber,
Lachen Weiber, weinen Kinder,
Jammern hier die alten Greise,
Bellen hier die dunkeln Hunde:
Hiisi’s Elenn kam gelaufen,

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Eilend mit dem glatten Hufe,

Stürzte um des Hauses Zuber,
Warf die Kessel von dem Feuer,
Schüttet aus die ganzen Speisen,
Gießet auf den Herd die Suppe.“
     Stieß der lebensfrohe Bursche,
Selbst der muntre Lemminkäinen
In den Schnee den linken Schneeschuh,
Wie die Natter in die Stoppeln,
Warf er hin des Sumpfes Tanne,

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Gleich der Schlange voller Leben,

Selber sprach er bei dem Gleiten,
Also mit dem Stock bewaffnet:
„Möcht’ der Lappen Männer jeder
Mir das Elennthier her tragen,
Möcht’ der Lappen Weiber jedes
Diesen Kessel mir hier waschen,
Möcht’ der Lappenkinder jedes
Späne mir zusammen lesen,
Möcht’ der Lappen Kessel jeder

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Mir das Elennthier hier kochen!“

     Sammelt alle Kraft und dränget,
Schlägt nach hinten, stürzt nach vorne,
Schiebt sich fort zum ersten Male,
Schon entschwindet er den Augen,
Schiebt sich fort zum zweiten Male,
Nicht vermocht’ man ihn zu hören,
Bei dem dritten Male stürzt er
Auf des Hiisi-Elenn’s Rücken.
     Nahm dann einen Pfahl von Ahorn,

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Schabet sich ein Band von Birken,

Womit er das Elenn fesselt,
In die Eichenhürde bringet:
„Hier verbleibe, Hiisi’s Elenn,
Hüpfe hier, o wilder Renner.“
     Streichelt dann des Elenns Rücken,
Klopfet es auf seinen Nacken;
„Möchte ich anjetzo weilen,
Möchte ich nun ruhen können
An des jungen Mädchens Seite,

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Bei dem Hühnchen, das nun wächset.“

     Zornig wurde Hiisi’s Elenn,
Wild begann es auszuschlagen,
Selber sprach es diese Worte:
„Lempo mag an dich gerathen,
Willst du bei der Jungfrau schlafen,
Willst du mit dem Mädchen leben.“
     Stemmt sich mit den Füßen, dränget
Und zerreißt das Band von Birken,
Bricht den Ahornpfahl in Stücke,

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Wirft die Eichenhürde nieder,

Fängt dann an davon zu schreiten
Und beginnt davon zu eilen
Über Sümpfe, über Felder,
Über Berge voller Strauchwerk,
Daß das Aug’ es nicht erblicket,
Nicht das Ohr das Elenn höret.
     Darauf ward der muntre Bursche
Gar verdrießlich und voll Ärger.

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_067.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)