Seite:Kalewala, das National-Epos der Finnen - 071.jpg

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Mach es wie in frühern Zeiten,
Als die Tage besser waren,
Als dem Monde gleich die Föhren,
Sonnengleich die Tannen strahlten,
Honigduft den Wald durchströmte,

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In dem blauen Haine weilte,

Würze an den Flurenrändern,
Öl an Sumpfes Rändern strömte!“
     „Waldes Tochter, holde Jungfrau,
Tuulikki, Tapio’s Tochter!
Treib das Wild her zu den Rändern,
Zu den weitgedehnten Fluren;
Ist es nicht bereit zum Laufen,
Oder faul dahin zu eilen;
O, so nimm vom Busch die Gerte,

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Eine Birke aus dem Thale,

Auf die Hüften sie zu schwingen,
An die Seiten sie zu schlagen,
Treibe eilends sie zur Stelle,
Voller Schnelligkeit die Beute
Vor dem Manne, der da suchet,
Auf des Jägers fleiß’gen Schritten.“
     „Kommt das Wildpret auf den Fußsteig,
Laß’ es auf dem Fußsteig laufen,
Halte vor die beiden Hände,

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Hüte es von beiden Seiten,

Daß das Wildpret nicht entrinne,
Nach der Seite nicht entweiche,
Sollte es davon sich machen,
Nach der Seite hin entweichen,
Führ’ es an dem Ohr zum Wege,
An dem Horne auf den Fußsteig!“
     „Lieget Reisig auf dem Wege,
Stoß ihn fort zum Wege Rande,
Liegen Bäume auf der Erde,

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O, so brich sie rasch in Stücke!“

     Sollt’ ein Zaun dazwischen kommen,
Stoß ihn um in schiefer Richtung
Zwischen fünf der Bindegerten,
Zwischen sieben Zaunstaketen!“
     „Kommt ein Fluß nun auf dem Wege,
Kommt ein Bächlein auf dem Pfade,
Mach aus Seide eine Brücke,
Einen Steg aus rothem Tuche,
Schaffe rasch sie durch die Enge,

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Führe rasch sie durch das Wasser,

Durch den Fluß des weiten Nordlands,
Durch den Schaum des Wasserfalles!“
     „Du, der Wirth vom Hof Tapio’s,
Wirthin von dem Hof Tapio’s,
Dunkelbärt’ger Greis des Waldes,
Goldner König in dem Walde,
Mimerkki, des Waldes Wirthin,
Gabenmutter in dem Walde,
Alte in dem blauen Anzug,

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Nothbestrumpfte Sumpfeswirthin!

Komme nun das Gold zu tauschen,
Komm das Silber umzuwechseln,
Gold hab’ ich von Mondes Alter,
Silber von der Sonne Alter,
Aus dem Kriege ist’s gewonnen,
In der Schlacht mit Müh’ errungen,
Nützet ab im Beutel liegend,
Schwindet hin im Zundersacke,
Wird das Gold nicht ausgetauschet,

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Wird das Silber nicht verwechselt!“

     War der muntre Lemminkäinen
Nun gar lange hingeglitten,
Sang am Waldesende Lieder,
In dem Innern dreier Haine,
Macht geneigt des Waldes Wirthin,
Selber auch des Waldes Wirthen,
Günstig sich die Jungfraun alle,
Stimmt für sich die Tapiotöchter.
     Scheuchen auf und treiben weiter

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Hiisi’s Elenn aus dem Dickicht,

Jenseits von dem Tapioberge,
An dem Saum von Hiisi’s Schlosse
Zu dem Manne, der da suchet,
Daß die Beute er erreichte.
     Ließ der muntre Lemminkäinen
Selber seinen Fangstrick fallen
Auf des Hiisi-Elenn’s Schultern,
Auf den Hals des großen Füllens,

Empfohlene Zitierweise:
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_071.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)