Wohl geackert hat dein Gatte
Dort geackert und gesäet.“
„Theures Mädchen, liebe Jungfrau,
Will dir dieses jetzo sagen:
Wußtest du in’s Haus zu kommen,
Wisse nun im Haus zu bleiben,
Ist gar gut hier für ein Weibchen,
Dir zur Hand die Milchgeschirre
Und das Butterfaß zu Diensten!“
„Ist gar gut hier für das Mädchen,
Schön dem Hühnchen zu gedeihen,
Sind hier breite Badstubbretter
Und gar weite Stubenbänke,
Hier der Wirth gleich deinem Vater,
Muttergleich hieselbst die Wirthin,
Gleich dem Bruder hier die Söhne,
„Sollte je die Lust dir kommen,
Du Verlangen je verspüren
Nach den Fischen deines Vaters,
Nach des Bruders Haselhühnern,
Frage sie nicht von dem Schwager,
Keineswegs auch von dem Schwäher,
Bitte sie von deinem Gatten,
Lasse du den Mann sie schaffen!
Giebt in diesem großen Walde
Keinen Vogel in den Lüften,
Keinen Schwinger von zwei Flügeln,
Giebt auch keine in dem Wasser
Von den besten Fischesschwärmen,
Die dein Gatte nicht zu fangen,
Die dein Mann zu schaffen wüßte.“
„Ist gar gut hier für das Mädchen,
Schön dem Hühnchen zu gedeihen,
Braucht den Mühlstein nicht zu drehen,
Wasser mahlet hier den Weizen,
Für den Roggen schäumt die Strömung,
Schon die Fluth wäscht die Gefäße
Und der Meeresschaum bespült sie.“
„O du wunderschönes Dörflein,
Du, der schönste Fleck der Erde!
Rasen unten, oben Felder,
In dem Zwischenraum das Dörflein,
Unten an dem Dorf der Meerstrand,
Wo die Enten gerne schwimmen
Wasservögel gern verweilen.“
Darauf ward die Schaar gespeiset,
Sie gespeiset und getränket
Mit den vollsten Fleischesbissen,
Mit den allerschönsten Bröten,
Mit dem Bier aus schöner Gerste,
Mit der schönsten Weizenwürze.“
War in Masse dort zu essen,
In den rothgefärbten Schüsseln
In den wunderschönen Mulden,
Kuchen dorten zu zerbrechen,
Butterbissen zu vertheilen,
Schnäpel dorten zu zerstückeln,
Schöne Lachse zu zerschneiden
Mit den silberreichen Messern,
Mit den goldgeschmückten Schneiden.
Biere strömten unbezahlbar,
Biere von der Sparren Ende,
Honigtrank dort aus dem Holzpflock,
Biere zu der Lippen Netzung,
Honigtrank zur Sinnerquickung.
Wer wohl sollte dorten singen,
Wer zum Sänger dort wohl taugen?
Wäinämöinen alt und wahrhaft,
Er, der ew’ge Zaubersprecher,
Fing dort selber an zu singen,
Redet Worte solcher Weise,
Läßt auf diese Art sich hören:
„Goldne Brüder, meine Theuren,
Ihr, Verwandte, reich an Worten,
Ihr Gefährten sprachbegabet,
Höret was ich jetzo sage!
Elias Lönnrot, Anton Schiefner (Übers.): Kalewala, das National-Epos der Finnen. Helsingfors: J. E. Frenckell & Sohn, 1852, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kalewala,_das_National-Epos_der_Finnen_-_155.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)