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Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1

in dessen Familie er fast vier Jahre lang blieb. In äußerst sorgenlosen, dabei äußerlich angenehmen und reichen Verhältnissen lebend, fand er hier die hinreichende Muße, sich nicht allein die volle Kenntniß und Beherrschung der englischen Sprache anzueignen, sondern auch seine früheren historischen und philosophischen Studien mit verdoppeltem Eifer wieder aufzunehmen und sich der Poesie inniger als in einer frühern Periode seines Lebens zuzuwenden. Außer verschiedenen Aufsätzen, wie der vortrefflichen Abhandlung über den Einfluß des Theaters auf die Engländer, entstanden in jener Zeit die zwei ersten Gesänge seines komischen Epos „Hans von Katzenfingen“, welches leider nicht über die beiden ersten Gesänge – die Verhöhnung des damaligen preußischen Militär-Junkerthums – hinauskam, indessen im Geiste des Byronschen Don Juan als großes Gedicht angelegt war. Es sollte die allmälige Entwicklung eines unter blasirter Scheinkultur, Rekrutenwirthschaft und Pietismus herangewachsenen jungen Mannes schildern, welcher sich zuletzt aus dem Kampfe mit dem Byzantinerthum seiner Zeit siegreich emporarbeitete und selbstbewußt in die höchsten Aufgaben der Menschheit mit eingriff. Sein Held Hans sollte veranschaulichen, wie unser Leben in allen seinen Beziehungen wieder zur Wahrheit zurückstrebt, wie die Menschheit sich von der Herrschaft der Affektation und Ueberschwenglichkeit befreien will und als ihr Ideal nicht mehr ein, dem Leben feindliches Jenseits, sondern die Quintessenz ihres eigenen Lebens sucht. Solger selbst war voller Behagen im Strome jener wilden, thatendurstigen und ungestümen vorachtundvierziger Zeit mit dahingeschwommen und hatte sich von ihm, eigentlich ohne äußere Noth, nach England treiben lassen. Er empfand den innern Widerspruch zwischen seinem Wesen und den in seinen Augen nur geistlosen Einrichtungen des Staates zu subjektiv, zu wenig historisch, als daß er je ein brauchbarer Beamter geworden wäre; er war eine zu wahre Natur, als daß er sich selbst und Andere belogen, und zu sehr vom Ernste seiner Ueberzeugung durchdrungen, als daß er sich einer sogar liebevollen Gängelei gefügt hätte. „Wir sind Alle – sagte er einmal – zu Berlinern erzogen, jener vernacula multitudo des Tacitus, welche freilich nicht durch den Ernst unabhängigen Charakters furchtbar, aber durch die frivole Lust an der Widersetzlichkeit dennoch gefährlich wird. Nur Klötze ergeben sich willig



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Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1. Verlag von Julius Springer, Berlin 1876, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kapp,_Aus_und_%C3%BCber_Amerika,_Band_1,_S_358.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)