Seite:Keller Gotthelf 104.jpg

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Gesindel von schlechten Dienstboten zu zerfallen droht, als ihn dieser nach einem zuverlässigen erfahrenen Meisterknechte fragt, dem er alles übergeben könne: da denkt der brave Mann an seinen Zögling und daß jetzt der Zeitpunkt gekommen sein möchte, denselben in einen weitern Wirkungskreis zu versetzen und eine Stufe höher zu heben. So ungern er den liebgewonnenen Knecht vermißt, so schlägt er ihn doch dem alten Vetter vor, und so wird Uli als Meisterknecht, der allem andern Gesinde zu befehlen hat, auf jenem Hofe installirt. Hier hat er nun volle Gelegenheit zu zeigen, daß er etwas geworden ist. Ein umfangreiches Bauernwesen, aber in der größten Unordnung, böswillige neidische Dienstboten, welche ihm alle Hindernisse in den Weg legen, und endlich Bosheiten und Ränke aller Art von Seite des neuen Herrn selbst, welcher, mißtrauisch und launisch, in seiner eigenen Unfähigkeit Uli seine Tüchtigkeit nicht gönnen mag und zum eigenen Schaden die bösen Knechte gegen den guten aufhetzt. Trotz alledem bringt aber Uli den Hof in Aufnahme, und es wird auf demselben geschafft und gewirkt, daß es eine Art hat. Uli bekommt ein Ansehen und wird berühmt. Da der Bauer selbst mißrathene Kinder hat und ihm die Oberaufsicht immer schwerer wird, so entschließt man sich endlich, sich ganz zurückzuziehen und Uli das Ganze in Pacht zu geben. Man gibt ihm zugleich ein schönes braves Weibchen zur Frau, welches als Pflegetochter im Hause erzogen und als eine Art Magd gehalten wurde. Da diese Person den Haushalt seit Jahren geführt hat und alles kennt, was eine rechte Bäuerin wissen muß, so ist die Geschichte nun abgerundet, und der arme hoffnungslose Knecht ist ein Mann geworden, dem man viele Tausende anvertraut,

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Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_104.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)