Seite:Keller Gotthelf 113.jpg

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auf Hegel, welche bekanntlich darin große Ähnlichkeit haben, daß sie ihre eigenen Kinder auffressen, koncentrirt. Betrachtet man diese Naturen in der Nähe, so sind sie zumeist ohne alle innere Kraft und Macht, ihr ganzes Vermögen geht eben in ihrer Brüllhaftigkeit auf. Man sieht zuweilen Menschen in Kaffeehäusern bei Spiel und Champagner die bedeutendsten Rollen spielen, daß man meinen sollte, sie wohnten in Palästen, schliefen auf Schwanenfedern unter seidenen Decken, und es sind die ärmsten Schlucker von der Welt, wohnen zur Miethe, oder wohnen auch gar nicht, und wenn sie Kinder haben, so haben diese oft gar nichts, um die Nase zu wischen, als was sie auf die Welt gebracht. Hört man sie, so glaubt man, Gott habe einmal statt Frösche, wie er zuweilen thut, Helden regnen lassen, hageldick, die halbe Welt voll; prüft man sie, so sind es lauter Windbüchsen; bläst man nichts hinten ’rein, kömmt nichts vornen ’raus, sind ohnmächtige Wesen, unterthan jeglichem Winde, der über sie hinfährt, haben aber große Fähigkeit, den Wind zu fassen, große Fähigkeit, ihr verfluchtes Ding wieder von sich zu geben; wäre aber kein Wind, so wären sie auch nichts. Es sind moderne Naturen, oder etwas vulgär gesagt, die Schweinsblasen des Zeitgeistes, oder jedes andern Geistes der sein Maul an ihr Röhrchen wagt. Derlei Naturen stolpern zu Tausenden in der Welt umher, vom Himmel geregnete Frösche, brüllen die Welt voll, daß man in Versuchung geräth, sich zu ducken, als wäre eine Herde von zehntausend Büffeln im Anzug.

Hier liegt nun die Nachlässigkeit des „Stils“, sage ich absichtlich, darin, daß er dergleichen Kerle dem Jahrhundert in den Schuh schiebt; hätte er ein wenig nachdenken mögen, so würde er sich ohne Zweifel an Falstaff erinnert und noch weiter hinauf bis in die Bibel genug solche Bursche gefunden haben, wie z. B. den wackern Goliath, welche just nicht moderne Naturen sind. Gotthelf’s Stil mit seinem kecken Gepolter ist selbst ein solcher Schreckteufel, welcher einem bange machen könnte, wenn man ihm nicht auf den Leib ginge. In „Uli der Knecht“ handelt der Verfasser,

Empfohlene Zitierweise:
Gottfried Keller: [Über] Jeremias Gotthelf. Wilhelm Hertz, Berlin 1893, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keller_Gotthelf_113.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)