Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 II 008.jpg

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herantrat, sprang ein Löwe darunter auf, schüttelte sich und brüllte, daß das Laub an den Bäumen zitterte: „wer mir mein singendes, springendes Löweneckerchen stehlen will, den fress’ ich auf!“ Da sagte der Mann: „das hab’ ich nicht gewußt, daß der Vogel dir gehört; kann ich mich nicht von dir loskaufen?“ „Nein!“ sprach der Löwe, „da ist nichts, was dich retten kann, als wenn du mir zu eigen versprichst, was dir daheim zuerst begegnet, thust du aber das, so will ich dir das Leben schenken und den Vogel für deine Tochter obendrein.“ Der Mann aber wollte nicht und sprach: „das könnte meine jüngste Tochter seyn, die hat mich am liebsten, und lauft mir immer entgegen, wenn ich nach Haus komme.“ Dem Diener aber war angst und er sagte: „es könnte ja auch eine Katze oder ein Hund seyn!“ Da ließ sich der Mann überreden, nahm mit traurigem Herzen das singende, springende Löweneckerchen und versprach dem Löwen zu eigen, was ihm daheim zuerst begegnen würde.

Wie er nun zu Haus einritt, war das erste, was ihm begegnete, niemand anders, als seine jüngste, liebste Tochter; die kam gelaufen und küßte und herzte ihn, und als sie sah, daß er ein singendes, springendes Löweneckerchen mitgebracht hatte, freute sie sich noch mehr. Der Vater aber konnte sich nicht freuen, sondern fing an zu weinen und sagte: „o weh! mein liebstes Kind, den

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_008.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)