Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 II 121.jpg

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müssen uns da rechts einschlagen, wenn wir an die Gränze kommen wollen.“ – „Ei! Gott bewahre, da gehts ja gerade wieder in die Stadt zurück, links müssen wir weiter.“ – „Was willst du dich mausig machen,“ riefen die zwei, drangen auf ihn ein, schlugen ihn, bis er niederfiel, und nahmen ihm sein Geld aus den Taschen; das war aber noch nicht genug, sie stachen ihm auch die Augen aus, schleppten ihn zum Galgen und banden ihn daran fest. Da ließen sie ihn, und gingen mit dem gestohlenen Geld in die Stadt zurück.

Der arme Blinde wußte aber nicht, an welchem schlechten Ort er war, fühlte um sich und merkte, daß er unter einem Balken Holz saß. Da meinte er, es wäre ein Kreutz, sprach: „es ist doch gut von ihnen, daß sie mich wenigstens unter ein Kreutz gebunden haben, Gott ist bei mir,“ und fing an recht zu Gott zu beten. Wie es ungefähr Nacht werden mochte, hörte er etwas flattern; das waren aber drei Krähen, die ließen sich auf dem Balken nieder. Darnach hörte er, wie eine sprach: „Schwester, was bringt ihr Gutes? ja, wenn die Menschen wüßten, was wir wissen! die Königstochter ist krank und der alte König hat sie demjenigen versprochen, der sie heilt, das kann aber keiner, denn sie wird nur gesund, wenn die Kröte in dem Teich dort zu Asche verbrannt wird und sie die Asche trinkt.“

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1815). Berlin 1815, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_II_121.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)