Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 163.jpg

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„Nun so komm nach Haus“ damit zog er sie in den Stall und versicherte den Vater, daß sie sich satt gefressen. Der Alte aber ging wieder hin: „Ziege, bist du satt?“

„Wie sollt ich satt seyn?
ich sprang nur über Gräbelein
und fand kein einzig Blättelein meh! meh!“

Da jagte er auch seinen dritten Sohn mit Schlägen zum Haus hinaus.

Der Schuster wollte nun selber seine Ziege auf die Weide treiben, band sie an ein Seil und führte sie mitten unter die besten Kräuter; die Ziege aber fraß darin den ganzen Tag. Abends fragte er: „Ziege, bist du satt?“

„Ich bin so satt,
ich mag kein Blatt meh! meh!“

„Nun so komm nach Haus“ sagte er und zog sie in den Stall, als er sie festgeknüpft hatte, fragte er noch einmal: „Ziege, du bist doch satt?“ Die Ziege aber antwortete ihm, nun auch:

„Wie sollt ich satt seyn?
ich sprang nur über Gräbelein
und fand kein einzig Blättelein, meh! meh!“

Wie der Schuster das hörte, da sah er das er seine drei Söhne unschuldig fortgejagt hatte, und ward über die boshafte Ziege so zornig, daß er sein Rasirmesser holte, ihr den ganzen Kopf kahl scheerte und sie fortpeitschte.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_163.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)